LVZ: Dramatische Wende im Demografieprojekt der Politik: Modernisierung neuer attraktiver Strukturen statt Rückbau in der Fläche

Die Bundesregierung will sich gemeinsam mit den
Ländern gegen die dramatische Entvölkerung von Dörfern und Regionen
stemmen. Dabei soll insbesondere auf die Neigung zum deprimierend
wirkenden Rückbau von Infrastruktur verzichtet werden. Mit dieser
völligen Umkehrung der bisherigen staatlichen Reaktion auf die Folgen
der älter werdenden Gesellschaft will die Bundesregierung auf die
demografische Herausforderung der nächsten Jahrzehnte reagieren.
Vorgegangen werden soll nach dem Motto: Modernisierung attraktiver
ressortübergreifender Strukturen statt Schrumpfkur in der Fläche.

Nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ (Mittwoch-Ausgabe)
hat sich das federführende Bundesinnenministerium unter Amtschef
Hans-Peter Friedrich (CSU) mit den Staatskanzleien der ostdeutschen
Länder auf einen entsprechenden Modellplan für ressortübergreifende
Ansätze von der Pflege über Verkehrs- und Raumplanung bis zur
Daseinsvorsorge in kleinen aber gestärkten Regionaleinheiten
prinzipiell verständigt. Dieses Programm soll im kommenden Frühjahr
nach dem jetzt entwickelten ostdeutschen Vorbild auf die gesamte
Bundesrepublik ausgeweitet werden. Unter Mitarbeitern an der
Projektplanung ist bereits davon die Rede, dieses Mal werde
gesamtdeutsch vorgegangen nach dem Motto: „Vom Osten lernen heißt bei
der Demografieproblematik produktiv siegen lernen.“

Bestandteil des Programms sind dabei unter anderem der Neuaufbau
kreisübergreifender Transport- und Logistikfirmen. Diese sollen mit
eigenen Bussen und speziell ausgebildetem Fahrpersonal von der
Medikamenten- und Lebensmittelversorgung über Geldautomaten bis hin
zum Schülertransport verkehrliches Leben in ausgedünnten und
überalterten Regionen aufrecht erhalten. Damit will man auch
verhindern, dass jetzt unabhängig voneinander handelnde Anbieter von
Dienstleistungen, etwa beim Schülertransport, mangels Nachfrage ihr
Angebot aufgeben. Mit neu zu gründenden Land-E-Werken soll
beispielsweise auch die dezentrale Energieversorgung in den Regionen
und in der Fläche auf eine neue und sichere Basis gestellt werden.

Entscheidend seien „integrierte Ansätze“, die im Ergebnis „mehr
Gestaltungsrechte nach unten“ verwirklichen, statt immer aufs Neue
Dienststellen und Dienstleistungszentren des Staates abzubauen,
auszudünnen oder nur noch pro forma aufrecht zu erhalten. Als
Beispiel wird dabei die unglücklich verlaufende Ausdünnung der
Polizeipräsenz in ländlichen Gebieten genannt. Mit dem Konzept soll
die Sicherung der privaten und öffentlichen Infrastruktur in den
Regionen gelingen, wenn ab Mitte des Jahrhunderts ganze Regionen –
vor allem in den neuen Ländern – zum „Seniorenparadies“ mit
explodierenden Kosten werden könnten.

Mit dem Konzept befasst sich heute das Bundeskabinett. Morgen
stellt die Bundeskanzlerin zusammen mit den ostdeutschen
Ministerpräsidenten auf ihrer Regionalkonferenz Ost in Leipzig das
Megavorhaben der Politik vor. Das Demografiekonzept sei „die logische
Fortsetzung des Aufbaus Ost“, so die Bundesregierung. Da angesichts
der Geburtenentwicklung allein zur gesellschaftspolitischen
Aufrechterhaltung des Status quo rund 200 000 Netto-Zuwanderer durch
gezielte Anwerbung nötig wären, gilt für die Regierungen in den
Ländern und im Bund der demografische Wandel als „größte
gesellschaftspolitische Herausforderung der nächsten Jahrzehnte“.

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