Ein Kommentar von Martin Kessler:
Die Kanzlerin benutzt gern den Kompass als Bild, wenn sie sich als
Vorsitzende der CDU präsentiert. Es ist der Kompass der Freiheit, der
Solidarität und der Gerechtigkeit, den sie für ihre Partei als
verpflichtend ansieht. Doch wer würde ihr da widersprechen? Und
welche demokratische Partei hätte einen gänzlich anderen Kompass?
Nicht einmal auf das vielzitierte christliche Menschenbild hat die
CDU noch einen Alleinvertretungsanspruch. So allgemeingültig die
CDU-Chefin die Werte ihrer Partei darstellt – bei der Umsetzung
bleibt sie äußerst vage. In der Wirtschaftspolitik hat sich fast eine
pragmatische Beliebigkeit eingeschlichen. So wird ausgiebig über die
Notwendigkeit eines Mindestlohns diskutiert, um den
Arbeitnehmerflügel zu beruhigen. Die CDU ist als Volkspartei
zumindest nach außen hin nicht gewillt, die sich ständig weiter
öffnende Schere bei den Einkommen hinzunehmen. Um den
Wirtschaftsflügel hingegen einzubinden, wird dann eine Regelung
gefunden, die an den bestehenden Gesetzen nichts ändert. So sieht
eine raffinierte Parteitagsstrategie aus, nicht aber eine
richtungsweisende Ordnungspolitik. Angela Merkel kann zu Recht auf
eine robuste deutsche Wirtschaft verweisen. Ein Ersatz für einen
klaren Kurs in der Wirtschaftspolitik ist das aber nicht. Die
Quittung folgt beim ersten Rückschlag.
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