Das Ziel scheint auf den ersten Blick nicht
wirklich ambitioniert: Vermeintlich „nur“ 4,5 Millionen Euro will die
Charité in diesem Jahr als Überschuss erwirtschaften. Denn der Umsatz
von Deutschlands größtem Universitätsklinikum liegt bei 1,39
Milliarden Euro. Doch die 4,5 Millionen Euro sind ein Zeichen: Die
Uniklinik mit ihren 13.500 Mitarbeitern hat nach Jahrzehnten, die
durch Defizite geprägt waren, den wirtschaftlichen Turnaround
geschafft. Wenn nach einer schwarzen Null im vergangenen Jahr in
diesem Jahr ein kleiner Gewinn erwirtschaftet wird, ist das die
Leistung des Vorstands, der sein dreijähriges Sanierungsprogramm auch
gegen viele Widerstände durchgesetzt hat. Aber es ist auch die
Leistung der vielen Ärzte, Schwestern, Pfleger und Mitarbeiter in der
Verwaltung, die in den vergangenen Jahren vieles mittragen mussten.
Denn bei allem Sparen – die Charité gehört seit Jahren zu den besten
Gesundheitseinrichtungen Europas. Das zeigen nicht nur die vielen
wissenschaftlichen Leistungen, sondern auch eine Zahl: 150 Millionen
Euro an Drittmitteln konnte das Klinikum im vergangenen Jahr
einwerben. Das ist deutschlandweit Spitze. Während es nach außen viel
Glanz gibt, liegt über der Charité nach innen aber auch ein Schatten.
Die Klinik leidet an der maroden Bausubstanz, vor allem an den
Standorten in Mitte und in Steglitz-Zehlendorf. Wenn nun schon keine
Versicherung mehr für Wasserschäden aufkommen will, zeigt das eine
dramatische Entwicklung. 33 Millionen Euro bekommt die Charité vom
Land Berlin für Investitionen pro Jahr. Notwendig wären aber 100
Millionen Euro. Eine Entlastung soll hier die für 2013 bis 2016
avisierte Sanierung des Bettenhochhauses in Mitte bringen. Hier ist
die Charité-Führung gefordert, dass die Kosten eingehalten werden.
Andererseits braucht der Vorstand auch die Rückendeckung der Politik.
Wenn – wie vor einigen Wochen geschehen – der neue Senat die
Sanierung wieder infrage stellt, könnte das Vorhaben um Jahre
zurückgeworfen werden. Denn die Charité ist weit mehr als ein
Aushängeschild für Berlin. Und sie ist weit mehr als ein
Ausbildungsbetrieb für angehende Mediziner (die Zahl der Studenten
pro Jahr liegt bei 700). Das international angesehene Klinikum gehört
neben dem landeseigenen Krankenhauskonzern Vivantes zu den
Wachstumsmotoren der Gesundheitswirtschaft. Viele der Arbeitsplätze
an dem Klinikum sind qualitativ hochwertig. Gleichzeitig hängen viele
weitere Jobs im Dienstleistungsbereich an dem Gesundheitskonzern.
Auch wenn der Gewinn in 2012 „nur“ 4,5 Millionen Euro sein soll – die
Menschen, die von der Arbeit im Klinikum leben, stärken die
Wirtschaftskraft in der Hauptstadt. Vom Image-Gewinn für die
Wissenschafts- und Forschungsmetropole ganz zu schweigen. Der
Vorstand der Charité ist gefordert, den hohen Leistungsstand der
vergangenen Jahre zu halten und die Wirtschaftlichkeit weiter zu
verbessern. Das ist sicherlich nicht leicht. Der neue Senat muss dem
Universitätsklinikum dafür aber Sicherheit bei den Rahmenbedingungen
geben. Nur so kann sich das Unternehmen weiterentwickeln – zum Wohl
der Stadt.
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