Gemeinsame Erklärung des Bundesverbraucherministeriums und Vertretern der Kirchen zur Fastenzeit:/ „Lebensmittel sind kostbar – sie verdienen unsere Wertschätzung“

Lebensmittel sind kostbare Güter, die in
Deutschland im Überfluss zur Verfügung stehen. Zur Fastenzeit haben
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner, der Bischof der
Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Dr.
Markus Dröge, sowie Dr. Prälat Karl Jüsten (Leiter des Kommissariats
der Deutschen Bischöfe), Prälat Dr. Bernhard Felmberg
(Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland)
und die Berliner Caritas-Direktorin PD Dr. Ulrike Kostka in einer
gemeinsamen Erklärung für eine höhere Wertschätzung von Lebensmitteln
geworben. Beim Besuch einer Ausgabestelle der von „Berliner Tafel
e.V.“ und Kirchen gemeinsam getragenen Aktion „LAIB und SEELE“
betonten die Kirchenvertreter und die Bundesministerin am Donnerstag:
„Die Fastenzeit im Vorfeld des Osterfestes ist für Millionen Menschen
in Deutschland Anlass zu innerer Einkehr, Besinnung und Verzicht. Wir
brechen mit alltäglichen Gewohnheiten, um so ihren Wert für uns
wieder neu zu entdecken. Damit ist auch eine große Chance verbunden.
Der Umstand, dass Millionen von Tonnen Lebensmitteln in Deutschland
jährlich ungenutzt auf dem Müll landen, macht uns betroffen und mahnt
zum Umdenken. Die Fastenzeit ist eine gute Gelegenheit, den Umgang
mit unseren Ressourcen auf den Prüfstand zu stellen.“

In einer Gesellschaft, deren Bürgerinnen und Bürger praktisch kaum
noch Mangel an Lebensmitteln zu erleiden haben, sollte der Wert und
die Wertschätzung unserer kostbaren Güter immer wieder ins Zentrum
des Bewusstseins gerückt werden. Bei dem Treffen in der Evangelischen
Kirchengemeinde St. Jacobi-Luisenstadt betonte Prälat Jüsten: „In
Lebensmitteln stecken wertvolle Ressourcen: Die fruchtbare Kraft der
Böden, wertvolles Wasser, Energie und der tatkräftige Einsatz vieler
Menschen.“ Der Prälat erklärte, dass der respektvolle Umgang mit
„Lebens“-Mitteln gleichsam einen respektvollen Umgang mit den
endlichen Ressourcen unserer Welt bedeutet. „Lebensmittel verdienen
unsere Wertschätzung.“ Die Fastenzeit gibt Gelegenheit, über den
Umgang mit der Umwelt und den Ernährungsgrundlagen neu nachzudenken.
„Von Jesus Christus können wir auch am Beginn des 21. Jahrhunderts
lernen, Armut wie Reichtum von der gleichen Würde jedes Menschen her
zu betrachten“, sagte Bischof Dröge. Es sei beschämend, dass es
Lebensmittel-Tafeln in unserer Gesellschaft geben müsse. „Die Tafeln
führen täglich vor Augen, dass es nicht nur im globalen Kontext die
Gleichzeitigkeit von Überfluss und Mangel gibt, sondern auch in
unserer Gesellschaft.“

Prälat Dr. Felmberg wies darauf hin, dass 20 Prozent der deutschen
Lebensmittel in Entwicklungsländern produziert werden. „Doch während
sich die Erzeuger allenfalls mangelhaft ernähren können, sortieren
wir die Früchte ihrer Arbeit aus: Die Banane ist zu klein, die Tomate
nicht rot genug. Handelsklassen, Qualitäts- und Haltbarkeitsstandards
mögen in einem gewissen Rahmen sinnvoll sein, aber sie kennzeichnen
ein System von Überproduktion und Verschwendung“, sagte Felmberg.

Bundesministerin Aigner betonte, die Verschwendung in reichen
Industriestaaten erhöhe indirekt auch den Druck auf die
Nahrungsmittelrohstoffe in Ländern der dritten Welt. „Jedes
Lebensmittel, das wir achtlos wegwerfen, fehlt auf dem globalen
Markt, verknappt das Angebot und führt zu weiter steigenden Preisen.
Leider vergessen wir das in unserer Überflussgesellschaft manchmal.
Allein in Deutschland landen nach aktuellen Berechnungen mehr als 11
Millionen Tonnen Lebensmittel auf dem Müll landen – Jahr für Jahr.
Diese Verschwendung können wir uns aus moralischen, ökonomischen und
ökologischen Gründen nicht leisten. Es ist an der Zeit für ein
Umdenken, auch über die Fastenzeit hinaus. Hier sind alle
gesellschaftlichen Akteure gefordert, die mit Lebensmitteln zu tun
haben – vom Erzeuger bis zum Verbraucher“, sagte Aigner.

Hier leisten auch die vielen Tafeln für bedürftige Menschen in
ganz Deutschland einen wichtigen Beitrag. Die Tafeln sorgen dafür,
dass zumindest der gut verwertbare Teil der Lebensmittel, die sonst
in der Tonne landen würden, sinnvoll genutzt wird. Mit ihrer Aktion
„LAIB und SEELE“ ist es der Berliner Tafel e. V. gelungen, ein Netz
an Ausgabestellen in Kirchengemeinden zu knüpfen. Dazu gehört auch
die Evangelische Kirchengemeinde St. Jacobi-Luisenstadt in Kreuzberg.
„LAIB und SEELE“ ist eine Aktion der Berliner Tafel e. V., der
Kirchen und des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).

Hannover, 15. März 2012

Pressestelle der EKD

Reinhard Mawick

Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 – 2796 – 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de