Lausitzer Rundschau: Städte mit spätem Mut Zum Gedenken an die Opfer der NSU-Morde

Wer in den ersten Wochen nach der Aufdeckung der
NSU-Morde in den Städten der Opfer fragte, was man denn tue, um den
Angehörigen zu helfen und der ermordeten Mitbürger zu gedenken, wurde
von Pontius zu Pilatus geschickt und landete schließlich bei
Bürgerinitiativen gegen Ausländerhass. Als ob das eine
Privatangelegenheit wäre, als ob es nicht die ganze Stadt angehen
müsste, wenn einer ihrer Bürger wegen seiner Herkunft einfach so
erschossen wird. Aber es zeigte sich: Ein Terrormord an „unserem
ausländischen Mitbürger“ und Blumenhändler Simsek wurde eben mit
weniger Betroffenheit aufgenommen, als ein Anschlag auf den ehrbaren
Fleischermeister Müller aufgenommen worden wäre. Die Städte haben
nachgearbeitet, und die Gedenkveranstaltung in Berlin im Februar hat
ihren Teil dazu beigetragen. Übrigens auch Ex-Bundespräsident
Christian Wulff, der sie organisierte. Viele erinnern sich noch an
die Rede von Ismail Yozgat aus Kassel, diesen einfachen alten Mann,
der sich wünschte, dass die Straße, in der sein Sohn Halit aufwuchs
und umgebracht wurde, nach Halit benannt werde. Nun ist es zwar nicht
die besagte Straße geworden, sondern mit Einverständnis der Familie
ein naher Platz. Trotzdem: Hut ab, auch vor den anderen Städten, die
ähnlich dauerhafte Gedenkplätze schaffen wollen. Stärker könnte die
Antwort an alle Rassisten nicht sein als die Botschaft: Die Opfer
gehören zu unser Gemeinschaft. Ihr nicht. Dass es mit dieser
Botschaft so lange gedauert hat, ist beschämend. Dass sie jetzt so
engagiert kommt, aber ermutigt.

Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de