Weser-Kurier: Kommentar zur Elbvertiefung

Vorweg: Über Sinn oder Unsinn der neuen
Elbvertiefung, über die wirtschaftliche Notwendigkeit der Baggerei
oder auch über mögliche Schäden für Flora und Fauna hatte die
niedersächsische Landesregierung nicht zu befinden. Das
CDU/FDP-Kabinett durfte für seine Entscheidung über das Einvernehmen
einzig und allein Belange des Wasserbaus und der Landeskultur
berücksichtigen, also der Deichsicherheit sowie der Viehwirtschaft
und des Obstanbaus. Der erste Punkt ist aus Sicht der schwarz-gelben
Koalition seit Längerem befriedigend geregelt, jetzt kamen auch noch
nach einem gewissen Pokern Schutz und finanzieller Ausgleich für die
betroffenen Bauern hinzu. Ministerpräsident David McAllister und
seine Mannschaft konnten demnach gar nicht anders als zuzustimmen.
Andernfalls hätte das Land eine peinliche Klage des Bundes riskiert.
Alles gut also? Keineswegs. Auch das zwangsläufige Einvernehmen des
Landes ändert nichts an der Fragwürdigkeit des gigantischen Projekts.
Selbst wenn Deiche und Uferbauwerke den größeren und schneller
fließenden Wassermassen standhalten, selbst wenn Vieh und Obstbäume
ausreichend frisches Wasser bekommen, bleiben erhebliche Zweifel. Was
soll das Ganze? Wer in Cuxhaven, Otterndorf oder Blankenese auf die
Elbe blickt, stellt schnell fest, dass die allermeisten
Containerschiffe nicht vollbeladen den Fluss passieren. Das
wirtschaftliche Wohl des Hamburger Hafens und damit auch des
niedersächsischen Umlands hängt bestimmt nicht von einigen ganz
wenigen Container-Riesen mit einem Tiefgang von mehr als 14 Metern
ab. Entscheidend ist vielmehr eine bessere Auslastung der vielen
übrigen Schiffe. Noch absurder erscheint die geplante Baggerei, wenn
man nach Westen schaut. In Wilhelmshaven entsteht derzeit der
Jade-Weser-Port – neue Anlaufstelle für eben jene Container-Riesen
der neuen Generation, die auch Hamburg anlocken will. Hier droht ein
gnadenloser Konkurrenzkampf, für den Unmengen an Steuergeldern
verpulvert werden. Anstatt die norddeutschen Kräfte für den harten
Wettbewerb auf dem Weltmarkt zu bündeln, ergehen sich die
Küstenländer im provinziellen Egoismus. Da kann es am Ende nur
Verlierer geben.

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