Neue OZ: Kommentar zuÜberschuss in Sozialversicherung

Bittere Bilanz

Leistung muss sich wieder lohnen; mehr Netto vom Brutto – so
lauteten einst zentrale Versprechen von Schwarz-Gelb. Doch zwischen
Wahlkampf und Wahrheit liegen bekanntlich Welten, wie sich jetzt
wieder zeigt: Die realen Nettoverdienste der Arbeitnehmer lagen 2011
im Schnitt bei 17 650 Euro. Das waren 16 Euro weniger als 2010.

Zwei Faktoren haben wesentlich zu dieser bitteren Bilanz
beigetragen. Erstens sind die Sozialabgaben 2011 um 0,4 Prozentpunkte
gestiegen. Zweitens nagt die kalte Progression weiter kräftig an den
Nettoeinkommen. Das heißt: Wenn Lohnerhöhungen nur die Inflation
ausgleichen, sind die Beschäftigten die Dummen. Denn dann steigt ihre
Kaufkraft nicht, doch müssen sie auf ihr erhöhtes Einkommen mehr
Steuern zahlen. Das kann nicht so bleiben. Korrekturen am Steuertarif
müssen den Progressionseffekt dämpfen, damit nicht nur staatliche
Kassen vom Aufschwung profitieren, sondern auch deutlich mehr
Arbeitnehmer.

Abgesehen davon, ob solche Änderungen finanzierbar sind, stellt
sich freilich noch die Frage, wie eine sozial ausgewogene Lösung
aussehen kann. Denn Millionen von Niedrigverdienern zahlen aufgrund
von Freibeträgen überhaupt keine Lohnsteuern mehr, würden also von
steuerlichen Änderungen nicht profitieren. Zugleich gelten für sie
aber die gleichen Beitragssätze in der Sozialversicherung – und dies
schon vom ersten Euro an. Durch dieses Dickicht einen Weg zu schlagen
dürfte schwer werden.

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