Schwäbische Zeitung: Der Erfolg hat viele Väter – Leitartikel

Eine halbe Stunde vor dem deutschen Fußballspiel
eine große Pressekonferenz in Paris – da muss es schon um viel gehen,
wenn die SPD-Troika sich dazu aufrafft. Und es geht um viel. Für
Europa, aber auch für die SPD. Die kommt in den eigenen Reihen in
Sachen Fiskalpakt immer mehr unter Druck. Sie will nicht länger
Stützrad an Merkels Regierungskarren sein, sie will zeigen, dass sie
die deutsche Außenpolitik mitgestalten kann.

Frankreichs sozialistischer Staatspräsident François Hollande, der
noch eine alte Rechnung mit Merkel offen hat, die ihn im Wahlkampf
nicht empfing, revanchierte sich gestern mit einem Empfang der
SPD-Troika im Elysée-Palast. Das ist Klein-Klein, aber nicht schlimm.
Sollte die SPD aber ein Gelingen des Fiskalpakts aufs Spiel setzen,
nur um ihre Muskeln gegenüber Merkel spielen zu lassen, dann gute
Reise – dann steht die Partei am Ende vielleicht mit einem
Kanzlerkandidaten Gabriel da, aber ohne jene europapolitische
Verantwortung, die ihrer Geschichte gerecht würde. Doch die
SPD-Spitze hat die Kurve gestern gerade noch gekriegt, als sie nach
dem Treffen im Kanzleramt und vor ihrem Abflug nach Paris schon
signalisierte, dem Fiskalpakt nicht im Wege stehen zu wollen.

Angela Merkels Europapolitik hat Kratzer bekommen. Ihr Konzept,
ganz aufs Sparen zu setzen, geht nicht auf. Deshalb muss und wird
Merkel beim Wachstumspakt einlenken. Einem Wachstum – auch – auf Pump
wird sie nicht mehr entgegenstemmen können. Immerhin ist Deutschland
selbst mit Kurzarbeitergeld und Abwrackprämie durch die letzte Krise
gekommen. Hier ist Phantasie gefragt. Dass solche Wachstumsprogramme
kommen werden, wird sich die SPD genauso als Erfolg anrechnen lassen
wie die Durchsetzung der Finanztransaktionsteuer, die endlich
Börsengeschäfte besteuert.

Dass sich gleichzeitig aber im Fiskalpakt alle Europäer auf eine
langfristige Schuldenvermeidung verpflichten, das wird bei Gelingen
Merkels Erfolg sein. Der Erfolg hat viele Väter – und eine Mutter.

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