Das werden unangenehme Wochen für die acht
Mitglieder des Zweiten Senats. Auf ihnen lastet die Zukunft des Euro
– wenn man den Ausführungen der Bundesregierung und der
Parlamentsmehrheit Glauben schenkt. So weit muss man zwar nicht
gehen, doch in der Tat sind die Richter in einer mächtigen
Zwickmühle. Geben sie dem Eilantrag der Euro-Kritiker gegen den
ständigen Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt nicht statt,
dann unterschreibt Bundespräsident Joachim Gauck die Gesetze und
Deutschland ist damit an die völkerrechtlichen Verträge gebunden.
Wenn das Verfassungsgericht im Hauptsacheverfahren dann die
Grundgesetzwidrigkeit sehen würde, wären die Verträge dennoch
unanfechtbar. Erlassen die Richter aber im Sinne der Euro-Kritiker
eine Einstweilige Verfügung, kann dies Reaktionen auf den
Finanzmärkten auslösen, die niemand richtig einschätzen kann. Dann
interessiert niemanden mehr, dass die Richter nur mehr Zeit gebraucht
haben, um angesichts der weitreichenden Beschlüsse des Bundestages
diese gründlich zu prüfen. Eigentlich haben die Richter keine andere
Alternative, als dem Eilantrag stattzugeben, wenn sie ihre bisherigen
Urteile zur Europapolitik und zum Euro ernst nehmen. Bei ihrer
Zustimmung zum vorläufigen europäischen Rettungsschirm im September
2011 sprachen sie ausdrücklich davon, keine „Blanko-Ermächtigung“ für
weitere Rettungspakete auszustellen. Damals untersagten sie
ausdrücklich dauerhafte Mechanismen, die auf eine Haftungsübernahme
für andere Staaten hinführen. Doch in genau diese Richtung geht der
neue ständige europäische Rettungsschirm, hinzu kommen noch die am
Tag vor der Entscheidung vom Europäischen Rat vorgenommenen
Änderungen. Die Richter werden durchaus im Hinterkopf haben, dass
ihren Mahnungen angesichts des drohenden Verlusts wichtiger
Mitbestimmungsrechte des deutschen Parlaments irgendwann mal
Konsequenzen folgen müssen. Als Tiger gesprungen und als Bettvorleger
gelandet – keine schöne Vision für den selbstbewussten
Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle. Dagegen steht, dass die Richter
eben nicht genau wissen, was ihre Entscheidung auslöst. Ein Aufschub
der deutschen Zustimmung für die Euro-Rettungsgesetze kann für die
dringend notwendige Entschleunigung für die hysterischen Finanzmärkte
sorgen. Ein Signal, dass den bisherigen Milliarden nicht unbegrenzt
weitere Milliarden hinterhergeworfen werden. Doch es kann alles auch
ganz anders kommen – im Sinne eines Domino-Effekts mit
unvorhersehbaren Folgen. In der Haut der Richter möchte man nicht
stecken.
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