Neues Deutschland: Organhandel-Thriller

Noch immer wird ja so getan, als gäbe es bei der
Verteilung der mangelnden Spenderorgane für todkranke Patienten
höchstens ein paar kleine Probleme und allerhöchstens ein oder zwei
schwarze Schafe unter den Medizinern, die sich bei ihrem heldenhaften
Kümmern um die Schwerkranken den einen oder anderen Lapsus geleistet
haben. Es wäre sehr schön, wenn sich diese Sichtweise bewahrheiten
würde. Doch es sind längst ein paar Geschichten öffentlich geworden,
die eher an Organhandel-Thriller aus dem Fernsehen erinnern, in denen
dubiose Gestalten mit Kühltaschen ins Flugzeug steigen, als an das
Bild vom sauberen deutschen Gesundheitssystem. Wer hätte denn
geglaubt, dass Mediziner aus Süddeutschland immer mal am Wochenende
nach Jordanien fliegen, um dort Organe einzupflanzen, die sie auch
noch selbst mitbringen? Wer hielt es für möglich, dass Unterlagen
gefälscht werden und die oberste Organverteilungsbehörde in Europa
über den Aufenthaltsort der zu transplantierenden Frau dreist belogen
wird? Es ist für den Geschmack vieler sachkundiger Beobachter
allerhöchste Zeit, den sensiblen Bereich von Organspenden und
Transplantationen gründlich zu kontrollieren und das ganze System neu
zu ordnen. Und zwar nicht durch jene, die verteilen und operieren.

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