Rheinische Post: Kommentar: Operation Rücken

Die Beschwerde der Krankenkassen, die Zahl der
Bandscheiben-OP in Deutschland nehme unverhältnismäßig zu, weil immer
mehr Kliniken an den Erlösen interessiert seien, wirkt einerseits wie
wohlfeile Ärzteschelte. Die Kassen, so könnte man argumentieren,
achten ebenfalls aufs Geld, und womöglich sind ihnen Patienten
lieber, die rezeptfrei Schmerzmittel schlucken, statt sich schnell
und kompetent operieren zu lassen. In jedem Fall gilt: Die Patienten
werden älter und auch anspruchsvoller, und Pein möchte kein Mensch
ertragen, vor allem nicht über längere Zeit. Das kann und muss jeder
Arzt verstehen. Aber professionelle Schmerztherapie ist kein
Orchideenfach der Medizin – sie kann auch bei Rückenschmerzen sehr
effektiv wirken. Andererseits ist es die Aufgabe von Ärzten, ihren
Patienten auch unangenehme Weisheiten zu Therapie und Vorbeugung
mitzugeben; Bewegungsmuffel können Bandscheiben-Vorfällen durch Sport
und Training vorbeugen. Beharrlichkeit von Medizinern gegenüber ihrem
wehklagenden Wartezimmer ist mehr denn je vonnöten. Zu viele Ärzte
folgen etwa bei Erkältungen dem Wunsch ihrer Patienten und verordnen
übereilt Antibiotika – deshalb haben wir jetzt mit gefährlichen
Resistenzen zu tun. Auch bei der Bandscheibe sollten Ärzte die
Wahrheit pflegen. Und die lautet: Es muss meist nicht operiert
werden.

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