Am Bauernkalender orientieren sich moderne
Landwirte eher beiläufig. Das Überleben der Betriebe hängt von mehr
ab als alten Überlieferungen. Es kommt auf verlässliche
Wetterprognosen an, die Lage an den Weltmärkten und die Energiekosten
schlagen durch. Modern sein bedeutet aber nicht zwangsläufig,
Agrarfabriken zu betreiben. Modern sein in der Landwirtschaft
bedeutet auch nicht, nur im Bioanbau angesichts der starken Nachfrage
eine Chance zu sehen. Moderne Landwirtschaft steht zunächst einmal
für nichts anderes als für die Herausforderung, die Verbraucher für
sich zu gewinnen. Geschäftszweige wie der Tourismus oder die
Energiewirtschaft runden die Einnahmemöglichkeiten ab. Die aktuelle
Erntebilanz für Deutschland zeigt zwar, dass es trotz Risikovorsorge
in dieser störungsanfälligen Branche Rückschläge geben kann. Eine
Vollkaskoversicherung für Landwirte gibt es jedoch nicht. Anfangs war
es zu kalt, dann zu trocken, es folgten Nässeperioden. Derzeit
gefährdet die Hitze die noch ausstehenden Ernten. Landwirte wissen
darum. Ihre Fachverbände werden zwar nicht müde, nach besserem Schutz
vor Einnahmeeinbußen zu rufen. Doch die Tonart hat sich gewandelt. Es
fehlt die Militanz früherer Jahre, und das ist für die Branche kein
Nachteil. Wer nur klagt, droht und fordert, verliert an
Glaubwürdigkeit. Wer heute als Landwirt arbeitet und trotz aller
technischer Hilfsmittel in diesen harten Beruf ohne fix geregelte
Arbeitszeiten einsteigt, verdient Respekt. Der Kunde kann darauf mit
einem klaren „Ja“ zu Qualität und einem klaren Bekenntnis zu
regionalen Erzeugern reagieren. Erdbeeren rund ums Jahr müssen nun
mal nicht sein. Gerade vom Einkaufsverhalten hängt stark ab, ob
Deutschland auch ein Agrarland bleibt, ob Qualität in einem Land ohne
Hunger Anerkennung findet. Denn auch das gehört zur aktuellen
Erntebilanz. Es hat Einbrüche gegeben, die Güte hat jedoch kaum
gelitten. Sogar der alte Bauernkalender war nie eine eindimensionale
Angelegenheit – im Ganzen betrachtet.
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