Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum China-Japan-Konflikt

Die Welt findet keine Ruhe. Während in Syrien
geschossen wird und radikale Islamisten in vielen muslimischen
Ländern randalieren, kommt böse Kunde aus Ostasien: China und Japan
könnten auf einen Krieg zusteuern. Der Streit um unbewohnte
Felseninseln im Ostchinesischen Meer eskaliert, chinesische
Demonstranten schüren den Hass gegen Japan, und
US-Verteidigungsminister Leon Panetta versucht, die Wogen zu glätten.
Selten waren die chinesisch-japanischen Beziehungen derart gespannt.
Was steckt dahinter? Der Inselstreit zwischen China und Japan ist
nicht neu. Beide Länder beanspruchen die Diaoyu-Inseln seit langem,
denn dort locken Erdöl, Erdgas und Fischreichtum. Militärische und
diplomatische Provokationen haben nun die Lage zugespitzt. In China
eskaliert anti-japanischer Hass zudem, weil China in den 1930-er
Jahren von Japan überfallen wurde. Damals sollen 20 Millionen
Chinesen umgebracht worden sein. Nippon hat sich für seine Verbrechen
nie förmlich entschuldigt. Manche Chinesen fühlen daher bis heute
einen latenten Hass auf Japan. Die anti-japanischen Demonstrationen
in China nähren jedoch den Verdacht, dass die Staatsführung oder das
Militär den Protest ganz gezielt steuern könnten. In China gibt es
keine Demonstrationsfreiheit. Gewisse Politiker oder Generäle könnten
die Wut auf Japan schüren, um besonders patriotisch, außenpolitisch
stark und militärisch entschlossen zu gelten. Das wäre ein
gefährliches Spiel. China ist militärisch sehr stark – zumindest in
der Region. Sollten offensive Militärs im chinesischen Staatsapparat
die Oberhand erringen und Japan provozieren, wäre die Katastrophe
voraussehbar. Noch zeigen sich die chinesische und die japanische
Regierung vorsichtig. Sie wissen, dass ein Krieg beiden Ländern
erheblich schaden würde. Die engen Wirtschafts- und
Handelsbeziehungen mit dem Westen wären gefährdet. Nicht nur
Deutschland hat große Investitionsinteressen in China. Frieden und
Stabilität sind für jeden Investor und Handelspartner unerlässlich.
Das weiß man auch in Peking und in Tokio. Ostasien braucht somit
Frieden – nicht nur aus humanitären Gründen, sondern auch aus
Vernunftgründen sowie aus wirtschaftlichem und geostrategischem
Kalkül. Das Säbelrasseln am Ostchinesischen Meer zeigt jedoch erneut,
wie gefährdet Friede und Stabilität dort sind: Chinas Macht wächst
und das Riesenreich reibt sich mit seinen Nachbarn; die USA bleiben
neutral, sind aber zugleich mit Japan verbündet. Im Ernstfall müssten
sie hinter Japan stehen. Das wiederum schürt die
chinesisch-amerikanische Rivalität am Pazifik. Und schließlich bleibt
die Taiwan- und Koreafrage ungelöst. Sollte Chinas Aufstieg zur
Weltmacht mit expansionistischer Politik verbunden sein, würden sich
seine Nachbarn wehren. Die asiatische Sicherheitsarchitektur bleibt
brüchig und gefährdet.

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