Guter Rat ist teuer. Zumindest für Anhänger der
schwarz-gelben Koalition. Was zwischen Union und FDP in der
Bundesregierung umstritten ist, hat allemal die Chance, zwischen CDU
und SPD auf Länderebene geklärt zu werden. Die Frauenquote und der
gesetzliche Mindestlohn sind nur zwei Beispiele. Unter dem Eindruck
der vielen Streitthemen – vom Betreuungsgeld über die Rente bis zu
jüngsten Differenzen zum Armuts- und Reichtumsbericht zwischen
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Wirtschaftsminister
Philipp Rösler – scheinen inzwischen die Fliehkräfte in der Koalition
größer denn je. Schon wird nicht mehr nur im Stillen gemunkelt, dass
die nächste Bundestagswahl vor Ende der Legislatur nötig werden
könnte. Da ist es für Koalitionsfreunde beinahe ein Glücksfall, dass
das Bundesverfassungsgericht unlängst das geltende Wahlrecht als
verfassungswidrig verworfen hat. Wahlen sind so lange nicht möglich,
wie kein neues verabschiedet ist. Die These, dass eine
Wahlrechtsreform absichtsvoll verschleppt wurde, um einen vorzeitigen
Koalitionsbruch wenigstens zu verzögern, mag gewagt sein. Nicht
gewagt ist die Vermutung, dass Teile der Union sauer sind und gern
die Zügel in der Hand hielten: Man wolle dem Bundesverfassungsgericht
die Zuständigkeit für das Wahlrecht entziehen, hieß es gestern aus
der Unionsfraktion. Wie immer das gehen soll – Anhänger aller großen
Koalitionen dürften aufhorchen. Die Länderkammer gewinnt weiter an
Gewicht. Bundesrat ist teuer.
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