Natürlich ist das ein bisschen zynisch, aber so
funktioniert die Politik nun einmal: Für Amtsinhaber Obama kommt der
Hurrikan Sandy wie gerufen. Wenige Tage vor den Wahlen darf sich der
Präsident als Krisenmanager präsentieren, als Kümmerer, als
Politiker, der auch in Katastrophenzeiten einen kühlen Kopf behält.
Zweifellos wird ihm das am 6. November Stimmen einbringen, sollten
ihm bis dahin keine gravierenden Fehler unterlaufen. Denn sein
Herausforderer Mitt Romney muss zuschauen, ihm fehlen die
Handlungsvollmachten. Zur Passivität verurteilt zu sein, das ist für
einen offensiv und aggressiv ausgerichteten Politiker wie ihn die
Höchststrafe. In schweren Zeiten rücken Amerikaner gerne zusammen,
beschwören die Einigkeit – und vergessen die Parteipolitik. Klar,
dass Obama den Staatsmann gibt, der das Land zusammen hält. Zwar
mühen sich beide Kandidaten, nicht den Eindruck zu erwecken, ihr
berufliches Schicksal sei ihnen wichtiger als das Wohlergehen der vom
Sturm betroffenen Menschen. Dennoch wissen beide, wie beliebt
Zupacker-Typen beim Volk sind. George W. Bush statuierte im Jahr 2005
ein negatives Exempel, als er nach dem Hurrikan Katrina viel zu spät
die Initiative ergriff. Ähnliche Kritik dürfte Obama nun erspart
bleiben – obwohl Anlässe dafür vorhanden wären: Dass Sandy das
Stromnetz für Tage lahm legen kann, hängt mit einer völlig veralteten
Infrastruktur in den USA zusammen. Und dass die Zahl der Hurrikans
steigt, könnte ja auch auf den Klimawandel zurückzuführen sein.
Dessen Bekämpfung stand vor vier Jahren auf Obamas Prioritätenliste
ganz oben – folgenlos. Aber das ist deutsches Denken und nicht
amerikanisches.
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