Kinderrechte ins Grundgesetz – Aktionsbündnis Kinderrechte legt Formulierung zur Änderung des Grundgesetzes vor

Das Aktionsbündnis Kinderrechte fordert Bundestag
und Bundesrat dazu auf, mit der Verankerung von Kinderrechten im
Grundgesetz die Rechtsposition von Kindern in Deutschland zu stärken.
Dazu hat das Aktionsbündnis heute vor der Bundespressekonferenz in
Berlin einen Formulierungsvorschlag vorgestellt. UNICEF Deutschland,
der Deutsche Kinderschutzbund, das Deutsche Kinderhilfswerk und die
Deutsche Liga für das Kind wollen die Rechte der Kinder in einem
neuen Artikel 2a in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
aufnehmen. Darin sollen die Rechte auf Förderung, Schutz und
Beteiligung sowie der Vorrang des Kindeswohls bei allem staatlichen
Handeln festgeschrieben werden. Das Aktionsbündnis Kinderrechte
möchte so klarstellen, dass Kinder als Grundrechtsträger anerkannt
und mit besonderen Rechten ausgestattet sind. Grundlage dafür ist die
UN-Kinderrechtskonvention, die in Deutschland seit mehr als 20 Jahren
gilt.

„Mit der Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz wollen wir die
Position der Kinder im deutschen Rechtssystem stärken und ein klares
Signal für mehr Kinderfreundlichkeit in Deutschland geben. 20 Jahre
nach Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland ist
es an der Zeit, dass sich das Prinzip dieser Konvention auch im
Grundgesetz wiederfindet. Bislang fehlt im Grundgesetz der Gedanke,
dass Kinder gleichberechtigte Mitglieder unserer Gemeinschaft,
eigenständige Persönlichkeiten mit eigener Würde und dem Anspruch auf
Anerkennung ihrer Individualität sind. Kinder sind keine kleinen
Erwachsenen, deshalb brauchen sie über die allgemeinen Grundrechte
hinaus besondere Rechte“, betonte Thomas Krüger, Präsident des
Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz hätte auch
international Signalwirkung. Fast alle Staaten der Welt haben die
UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert. Doch die Umsetzung in
nationale Gesetze ist vielfach mangelhaft. Deutschland sollte
Vorreiter werden anstatt hinter Ländern wie Spanien, Österreich oder
Südafrika zurückzubleiben. Dort wurden die Verfassungen bereits
geändert. Sie weisen nunmehr explizit auf die Rechte hin, die Kinder
nach internationalen Abkommen genießen. Auch die Charta der
Grundrechte der Europäischen Union räumt ihnen in Artikel 24 diese
Rechte ein“, erklärte Anne Lütkes, Vorstandsmitglied von UNICEF
Deutschland.

„Die Aufnahme der Kinderrechte als Grundrecht in das Grundgesetz
würde sehr viel stärker als bislang die Verantwortung von Staat und
Eltern verdeutlichen, sich bei der Wahrnehmung ihrer Rechte und
Pflichten gegenüber Kindern am Vorrang des Kindeswohls zu
orientieren. Zudem würde der Staat stärker in die Pflicht genommen,
seine Verantwortung für kindgerechte Lebensverhältnisse und gleiche
Entwicklungschancen für alle Kinder und Jugendlichen wahrzunehmen.
Angesichts der aktuellen Debatten über eine viel zu hohe
Kinderarmutsquote, ungerechte Bildungschancen, ein Auseinanderdriften
der Gesellschaft in Reich und Arm und häufige Fälle von
Vernachlässigung wäre dies ein wichtiges Signal“, sagte Dr. Lore
Maria Peschel-Gutzeit, Vorsitzende des Kuratoriums der Deutschen Liga
für das Kind.

„Mit den Kinderrechten im Grundgesetz hat das beste Interesse der
Kinder bei allen Maßnahmen, die sie betreffen, Vorrang – zum Beispiel
das Recht der Kinder auf Spielen und Bildung bei der
Interessensabwägung in einem Bebauungsplanverfahren einer Kita. Alle
Gesetze und Gerichtsentscheidungen müssen verfassungskonform
ausgelegt werden – nämlich im Zweifel zugunsten des Kindeswohls“,
betonte Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes.

Der Formulierungsvorschlag des Aktionsbündnisses Kinderrechte
lässt ausdrücklich die Rechte der Eltern nach Art. 6 Grundgesetz
unangetastet. Um die Rechtsposition sowohl der Kinder als auch der
Eltern zu verbessern, wird die staatliche Gemeinschaft verpflichtet,
die Eltern bei ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen. Diese
Unterstützung soll rechtzeitig erfolgen, bevor ein Eingriff in die
elterliche Sorge droht. Auf diese Weise kann das Recht des Kindes auf
Förderung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur
bestmöglichen Entfaltung seiner Persönlichkeit, das Recht auf Schutz
und das Recht auf angemessene Beteiligung am besten mit dem Recht des
Kindes auf seine Eltern und den Rechten der Eltern verbunden werden.

Der Formulierungsvorschlag des Aktionsbündnisses Kinderrechte für
einen neu zu schaffenden Artikel 2a Grundgesetz hat folgenden
Wortlaut:

(1) Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner körperlichen und
geistigen Fähigkeiten zur bestmöglichen Entfaltung seiner
Persönlichkeit.
(2) Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die
Rechte des Kindes. Sie unterstützt die Eltern bei ihrem
Erziehungsauftrag.
(3) Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung in Angelegenheiten, die
es betreffen. Seine Meinung ist entsprechend seinem Alter und seiner
Entwicklung in angemessener Weise zu berücksichtigen.
(4) Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen Handeln, das die
Rechte und Interessen von Kindern berührt, vorrangige Bedeutung zu.

Weitere Informationen und ein ausführliches Hintergrundpapier zum
Formulierungsvorschlag des Aktionsbündnisses Kinderrechte unter
www.kinderrechte-ins-grundgesetz.de.

Kontakt:

Deutsches Kinderhilfswerk, Uwe Kamp, 030-308693-11 oder 0160-6373155,
www.dkhw.de

UNICEF Deutschland, Helga Kuhn, 0221-93650-315, www.unicef.de

Deutsche Liga für das Kind, Prof. Jörg Maywald, 0178-533 90 65,
www.liga-kind.de

Deutscher Kinderschutzbund, Johanna Suwelack, 030-214-809-20,
www.dksb.de