WAZ: Man lässt seinen Laden nicht hängen. Kommentar von Gerd Heidecke

Rechts husten die Nachbarn den dritten Tag im Folge
um die Wette, links tränen der Kollegin die Augen, und der passende
Schal zum Schirm scheint am Computerarbeitsplatz das Accessoire
dieser ersten Schnee-Woche zu sein – ein Blick rund um den
Konferenztisch erweckt nicht gerade den Eindruck, dass die deutschen
Arbeitnehmer bei jedem Anflug eines Wehwehchens entschlossen zum
Krankenschein greifen. Die Leidensfähigkeit an den Werkbänken und in
den Büros ist jedenfalls groß, das beweist allein der seit Jahren
geringe Krankenstand in den Unternehmen. Nur bei erschreckend vielen
Chefs scheint noch nicht angekommen zu sein, wie viele Menschen
gerade jetzt mit dem sprichwörtlichen Kopf unter dem Arm noch an
ihrem Arbeitsplatz erscheinen, um ihr Team und ihren „Laden“ nicht
hängen zu lassen. Dass viele dabei ihre und auch die Gesundheit ihrer
Kollegen gefährden, weiß jeder. Nicht jeder Chef weiß offenbar: Ein
Vorgesetzter, der seine erkennbar angegriffenen Mitarbeiter nicht
nach Hause schickt, bei dem krankt es an Führungskraft wie an
Verantwortung.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de