Südwest Presse: Kommentar zum Missbrauchsskandal

Das Signal ist verheerend: Die katholische Kirche
kommt bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals nicht richtig
voran. Gestern hat sie die Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen
Forschungsinstitut Niedersachsen aufgelöst. Was zum Zerwürfnis
geführt hat, sei dahingestellt. Vorwürfe treffen auf Vorwürfe.
Schlimm ist das Ergebnis. Es bestärkt jene, die noch nie so recht an
den Aufklärungswillen der Kirche glauben wollten. Und es enttäuscht
die Missbrauchsopfer, die um eine ernsthafte Auseinandersetzung der
Kirchenspitze mit ihrem Leid fürchten. Dabei hatte sich die
katholische Kirche eine ehrgeizige Aufgabe gesetzt. So umfassend wie
nie sollten die sexuellen Verbrechen und ihre Ursachen von
Wissenschaftlern untersucht werden. Mit dem Vorhaben wollte sie
Maßstäbe setzen. Nach dem Motto: Nur wer Fehler bekennt und Abhilfe
schafft, kann auf Vergebung hoffen. Doch solch eine Offenheit tut weh
– jenen, die ums Image der Institution Kirche fürchten, und
Kirchenverantwortlichen, die ahnen, dass weiteres Fehlverhalten mit
der Einsicht in alte Akten bekannt wird. Sie könnten Widerstand gegen
die einst unter großem öffentlichen Druck eingeleitete Aufarbeitung
geschürt haben. Umgehen lässt sich die Analyse der Verbrechen nicht.
Das weiß Bischof Ackermann. Er braucht öffentlichen Druck, um sich
gegen die Zweifler in den eigenen Reihen wehren zu können.

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Lothar Tolks
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