BERLINER MORGENPOST: Polemisch und peinlich Kommentar von Gilbert Schomakerüber die Klage von Bayern und Hessen gegen den Länderfinanzausgleich

Nun machen sie also Ernst: Die Landesregierungen
von Bayern und Hessen werden das Bundesverfassungsgericht anrufen und
gegen den Länderfinanzausgleich vorgehen. Der Zeitpunkt für eine
Klage sei nun gekommen, da man auf dem Verhandlungswege keine
Einigung herbeiführen könne, hieß es nach der gemeinsamen Sitzung der
beiden Landesregierungen in Wiesbaden. Doch was aus dem Süden der
Republik verlautet, ist polemisch und peinlich.

Polemisch – und so leicht durchschaubar – deswegen, weil in beiden
Bundesländern in diesem Jahr Wahlen stattfinden. Bayern profitiert –
so wie Hessen – von der starken Wirtschaftskraft der ansässigen
Unternehmen und ihren hohen Steuerzahlungen. Aufgrund von Teilungs-
und Wiedervereinigungslasten kann Berlin, das größte Nehmerland des
Finanzausgleichs, in diesem Punkt nicht mithalten. Mehr noch: Der
Berliner Senat hat in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet.

Die Verfassungsklage ist aber auch peinlich für die beiden
Landesregierungen. Der Länderfinanzausgleich ist nicht irgendein
Vertrag, aus dem man sich herausklagen kann. Das Grundgesetz schreibt
einen Ausgleich fest, um ähnliche Lebensumstände in ganz Deutschland
zu erreichen. Es ist ein Solidarprinzip: Die Starken helfen den
Schwachen. Da wirkt es provinziell, wenn nicht mehr eine
gesamtdeutsche Verantwortung im Mittelpunkt steht, sondern eine
gesamtbayerische oder gesamthessische. 2019 muss der
Länderfinanzausgleich ohnehin neu geregelt werden, weil dann der
Solidarpakt für den Aufbau Ost ausläuft.

Es ist unsouverän, wenn Politiker, deren Job Verhandlungen sind,
nun die Verantwortung auf das höchste deutsche Gericht abschieben.
Auffällig ist, dass sich das grün-rot regierte Baden-Württemberg, das
ebenfalls ein Geberland ist, der Klage nicht anschließt. Dort hat man
nämlich die Befürchtung, dass die Richter am Ende möglicherweise auch
die Finanzkraft der Kommunen in den Länderfinanzausgleich mit
einberechnen. Dann müssten Bayern, Baden-Württemberg und Hessen noch
mehr in den Umverteilungstopf zahlen. Die Klage vor dem
Bundesverfassungsgericht würde dann für die reichen Bundesländer zum
Rohrkrepierer. Wie peinlich.

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