Allg. Zeitung Mainz: Frevel / Kommentar zur Pferdefleisch-Debatte

Es langt jetzt. Lässt man das Restrisiko einer
Belastung mit Medikamenten außen vor, ist die Vermischung von Pferde-
und Rindfleisch keine Gesundheitsgefährdung, sondern lediglich
Etikettenschwindel. Ein ärgerlicher, zweifelsohne, schließlich will
man wissen, was man isst. Aber kein Ärgernis rechtfertigt
sinnentleerte, vom eigentlichen Problem ablenkende Kapriolen. Deren
jüngste: der Vorschlag des CDU-Manns Fischer, die beanstandeten
Produkte an Bedürftige zu verteilen. Natürlich ist es schwer zu
ertragen, wenn Lebensmittel weggeworfen werden. Im konkreten Fall ist
das aber wohl leider nicht mehr zu ändern. Dem wackeren Herrn Fischer
und vielen seiner Kollegen quer durch fast alle Parteien sei deswegen
gesagt: Warum verhindert die Politik mit wirklich wirksamen
Kontrollen nicht endlich, dass illegaler Schrott überhaupt erzeugt
wird? Auch jenseits des Kontrollthemas fände jeder, der sich darum
bemühen wollte, dass weniger Lebensmittel auf den Müll wandern, viele
Betätigungsfelder. Zum Beispiel frevelhafte Normen, die dafür sorgen,
dass jede Menge Obst oder Gemüse vom Feld direkt in den Abfall
wandert, weil es diesen Normen nicht entspricht. Auch deshalb erzeugt
die Landwirtschaft Überschuss ohne Ende. Überschuss, der mit
Abermilliarden subventioniert wird. Abermilliarden, die für bessere
Kontrollen oder die Erzeugung besserer Lebensmittel fehlen.
EinKreislauf des Irrsinns, der eine echte Preisbildung und damit den
nötigen Bewusstseinswandel – nämlich den, dass gutes Essen gutes Geld
kosten muss – verhindert. Hier also könnte ernsthafte Politik
ansetzen. Wollte sie es wirklich mit dem Heer von Bürokraten und
Lobbyisten, das den Lebensmittel-Irrsinn befeuert, aufnehmen und
nicht nur Worthülsen produzieren.

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