Die Notlösung
In der Berufung von Hartmut Mehdorn zum neuen Berliner
Flughafenchef spiegelt sich das ganze Dilemma der für die
Pannenbaustelle Verantwortlichen wider. Mehdorn kommt, weil kein
anderer da ist. Welcher Manager will seinen guten Namen aufs Spiel
setzen für einen Karren, der so tief im Dreck steckt, dass er kaum
noch herauszuziehen ist? Wer will freiwillig zum Spielball
politischer Interessen werden und sich im Kompetenzgerangel zwischen
Bund und Ländern verheizen lassen? Und schließlich: Wer will schon
Chef eines Unternehmens werden, in dem durch Indiskretionen (wie im
Fall Bender) Vertragsdetails wie die Vergütung in die Öffentlichkeit
gezerrt werden? Mehrdorn ist wahrscheinlich der Einzige, den das
alles nicht juckt. Er gilt als leidenschaftlicher Sanierer, hat als
Rentner viel Zeit und offenbar den Antrieb, mit 70 nochmal etwas zu
reißen und (zum ersten Mal seit vielen Jahren) einen Job erfolgreich
abzuschließen.
Mehdorns Leistungsbilanz in den vergangenen 15 Jahren taugt nicht
gerade als Referenz: Zwar hat er als Bahnchef das ehemalige
Staatsunternehmen zum Global Player geformt, Millionen genervte
Kunden verbinden mit ihm allerdings eher Verspätungen,
Preiserhöhungen und Serviceverschlechterungen. Als er im Zuge der
Spitzelaffäre gehen musste, hinterließ er seinem Nachfolger einen
Berg voll Probleme. Anschließend konnte er auch Air Berlin nicht vor
einem weiteren Absturz bewahren. Was für ein Zufall, dass er bei der
Fluggesellschaft ausgerechnet an dem Tag im Januar entlassen wurde,
an dem auch bekanntgegeben wurde, dass sich die Eröffnung des
Berliner Flughafens zum vierten Mal verschiebt. Seine Berufung
erinnert an einen Vorgang in der Politik, der dem
Gerhard-Schröder-Freund Mehdorn sicher in Erinnerung geblieben ist:
Als Hans Eichel 1999 als hessischer Ministerpräsident abgewählt
worden war, schlug bereits nach wenigen Tagen auf dem politischen
Abstellgleis seine große Stunde als Bundesfinanzminister, weil Oskar
Lafontaine gerade zurücktrat und eine schnelle Lösung gefunden werden
musste. Immerhin ist Eichel dann als derjenige in die Geschichte
eingegangen, der im Jahr 2000 die letzte nennenswerte Steuerreform in
Angriff nahm und sogar zeitweise Schröders beliebtester Minister war.
Auch wenn die Vorzeichen nicht besonders günstig sind: Vielleicht
gelingt Mehdorn ja das Unmögliche, das traurige Kapitel BER zu einem
erfolgreichen Abschluss zu führen. Scheitert auch der ehemalige
Bahnchef, dann droht der Hauptstadt ein Milliardengrab. Mit dem
ehemaligen Flughafenchef Bender an der Spitze wäre das Risiko sicher
kleiner gewesen. Doch der war ja bekanntlich ein paar Milliönchen zu
teuer. / Bernd Loskant
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