Allg. Zeitung Mainz: Fehler im System / Kommentar zur Arbeitslosenvermittlung

War da was? Sollten mit den Arbeitsmarktreformen der
Regierung Schröder nicht vor allem Langzeitarbeitslose wieder an den
Arbeitsmarkt herangeführt werden? Fordern und fördern hieß die
schöne, eingängige Formel, mit der nicht nur härtere Sanktionen gegen
Vermittlungsverweigerer begründet, sondern auch Anspruch und
Arbeitsweise der Arbeitsagenturen grundlegend überarbeitet wurden.
Das Ergebnis gleicht der mancher Strukturreformen: Alle möglichen
Prozesse wurden irgendwie einmal umgedreht. Die Absichten, die hinter
der Reform standen, sind damit aber noch lange nicht erfüllt. Und es
gehört auch zur Ironie dieser Geschichte, dass es ausgerechnet das
System der Zielvorgaben ist, das zu eklatanten Fehlsteuerungen führt.
Im Gesundheitssystem lassen sich ähnliche Verwerfungen beobachten.
Wenn nun die Arbeitsagenturen die Übernahmen von Auszubildenden durch
ihre Unternehmen als Vermittlungserfolge zählen, mag man das noch als
lässliche Sünde ansehen. Was macht es für einen Unterschied, ob die
Arbeitsvermittler bundesweit ihre Ergebnisse so um ein paar
Prozentpunkte aufbessern? Wenn aber Langzeitarbeitslose in den
Agenturen offenbar systematisch hintanstehen, weil der Aufwand für
ihre Betreuung die „Erfolgsergebnisse“ trüben könnte, kann und darf
das nicht so bleiben. Diese Praxis konterkariert nicht nur die Ziele
der Arbeitsmarktreformen. In Zeiten des demografischen Wandels sind
wir sogar darauf angewiesen, auch schwierigere Vermittlungsfälle
wieder in Lohn und Brot zu bekommen. Das setzt allerdings auch
voraus, dass Arbeitgeber den Agenturen nicht von vornherein das
Signal geben: „Schickt uns keine Langzeitarbeitslosen.“

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Florian Giezewski
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