Allg. Zeitung Mainz: Was Wähler wollen / Kommentar zur Großen Koalition von Lars Hennemann

Über die Große Koalition und ihr Kabinett ist viel
gesagt und geschrieben worden. Es ist gut und absolut überfällig,
dass das Regieren jetzt endlich wieder losgeht. Bei allem, was es
insbesondere gegen die extrem teuren Beschlüsse zur Rente und das
Wegducken bei der Energiewende zu sagen gibt, muss man doch
festhalten: Im Zustandekommen dieser Koalition drückt sich schlicht
Wählerwille aus. Und deshalb lohnt sich der Blick ins Detail, bevor
man die dritte Regierung Merkel vorschnell abschreibt. Zumindest auf
dem Papier steht nämlich im Zuschnitt der neuen Ressorts sehr viel
mehr geschrieben als man noch vor einigen Tagen hätte annehmen
können. So könnte zum Beispiel die Ansiedlung des Verbraucherschutzes
im Justizministerium diesem Thema endlich mehr Gewicht verleihen. Und
der beißende Hohn, den die Netzgemeinde über dem ersten
Digitalminister Dobrindt ausschüttet, ist mit Sicherheit auch
verfrüht. Allein die Tatsache, dass er diesen Titel trägt, lässt
darauf hoffen, dass diese Koalition Fehler der Vergangenheit –
insbesondere beim Netzausbau – ausbügeln will. Bei Manuela Schwesig
als neuer Familienministerin wiederum wird zu beobachten sein, ob der
Trend zur Verstaatlichung der Kindererziehung anhalten wird und ob
insbesondere die CSU dabei weiterhin mit teuren Pillen wie dem
Betreuungsgeld ruhiggestellt werden kann. Bleibt die immer noch
spektakulärste Personalie: die Einsetzung einer ungedienten Ärztin
als Verteidigungsministerin. Was sie dafür qualifiziert? Gegenfrage:
Was macht Herrn Gröhe zum idealen Gesundheitsminister? Einen Lehrer
wie Herrn Gabriel zum geborenen Superwirtschaftsminister? Im
Verteidigungsministerium gibt es wie in jeder anderen Spitzenbehörde
genug erfahrenes Personal, dem auf sprichwörtliche Weise egal ist,
wer unter ihm Minister(in) ist. Wenn es mit seiner neuen Chefin die
Themen Afghanistan-Abzug und Bundeswehrreform sauber abwickelt und
zudem die diversen aus dem Ruder gelaufenen Beschaffungsprojekte in
den Griff bekommt, dann ist uns allen gedient und nicht nur der CDU.
Diese wird dann endgültig wissen, was sie an der ehrgeizigen
Niedersächsin hat. Am Ende wird also auch Ursula von der Leyen einzig
an Inhalten zu messen sein. Politik misst sich immer an der
Wirklichkeit. Deswegen sind auch bei Rente und Energiewende noch
lange nicht die letzten Worte gesagt oder geschrieben.

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