Badische Neueste Nachrichten: Banger Blick nach Athen

Es klingt ein bisschen nach Ironie der
Geschichte: Das antike Athen gilt als Wiege der Demokratie. Und nun
könnte ausgerechnet das griechische Volk den Anfang vom Ende eines
Vorzeige-Projekts für Friede, Freiheit, Wohlstand und
Rechtsstaatlichkeit im 21. Jahrhundert einläuten: der Währungsunion.
Europa blickt gebannt auf die Schicksalswahl in Athen. Siegen die
linksradikalen Spargegner, wollen sie den mit ihren Geldgebern
vereinbarten Konsolidierungskurs aufkündigen. EU und IWF drohen für
diesen Fall mit einem Stopp der Hilfen. Athen wäre binnen Wochen
pleite – ein Austritt aus dem Euro nicht unwahrscheinlich. Massive
Ansteckungseffekte könnten die Folge sein. Die Pleite Griechenlands
würde zum Anfang vom Ende der Währungsunion. Dieses Horror-Szenario
liegt im Bereich des Möglichen. Doch die internationale Gemeinschaft
wird alles tun, damit es nicht so weit kommt. Die Notenbanken
weltweit wollen in der kommenden Woche gemeinsam Geld in die Märkte
pumpen, um dort Chaos nach der Wahl zu verhindern. EU und IWF werden
versuchen, mit der Aussicht auf gelockerte Sparauflagen die Bildung
einer reformwilligen Regierung in Athen zu erleichtern. Die Mehrheit
der Griechen ist zwar den Sparkurs leid, will aber im Euro bleiben.
Und selbst die Linksradikalen wissen, dass eine Rückkehr zur Drachme
zu einer ökonomischen und sozialen Katastrophe in Griechenland führen
würde, gegen die der jetzige Konsolidierungspfad ein Spaziergang ist.
Da Hellas aufgrund eines Politik-Stillstands vor den Wahlen weit
hinter dem bisherigen Sanierungs-Plan herhinkt, dürfte bald ein
drittes Rettungspaket nötig werden. Das sind keine glänzenden
Aussichten. Doch die Geldgeber haben die Wahl zwischen Pest und
Cholera. Der Preis ist in jedem Fall hoch – politisch und gewiss auch
finanziell. Fest steht: eine Rettung Griechenlands dürfte am Ende
weit günstiger bleiben als der Staatsbankrott Athens und das
Nachfolge-Risiko einer Euro-Implosion. Das sollte vor allem ein
Exportland wie Deutschland nicht vergessen.

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Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
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