Auch wenn Peer Steinbrück es nicht zugeben will:
Natürlich ist sein Banken-Papier eine Bewerbungsmappe als
Kanzlerkandidat der SPD. Ein Jahr vor der Bundestagswahl nimmt es die
Partei mit der Wahrheit ohnehin nicht so genau. Noch Anfang des
Jahres wurde heftigst dementiert, dass eine Anti-Banken-Kampagne Teil
ihres Wahlkampfkonzepts 2013 sein werde. Steinbrück belegt nun das
Gegenteil. Das ist ja auch nicht unbedingt verwerflich. Die
Euro-Krise samt der schweren Verwerfungen auf den Finanzmärkten
ängstigt die Bürger nach wie vor. Wenn tief bis in das bürgerliche
Lager eine große Skepsis hinsichtlich der Rolle und des
Missmanagements einzelner Banken und Bankmanager herrscht, wenn es
also letztlich um das Geld der Bürger geht, müssen diese Besorgnisse
im Wahlkampf zu einem der großen Themen werden.
Und wer könnte da für die SPD besser punkten als Peer Steinbrück?
Keiner! Der populärste der mittlerweile zum Zauder-Trio geschrumpften
Kanzlerkandidaten ist er ohnehin. Noch muss er sich ein bisschen
zieren. Aber alle Erfahrung zeigt, dass, wenn es um die Macht geht,
die SPD den voranschickt, der die größte Siegeschance verspricht. Und
das ist eben Peer Steinbrück. Auch wenn ihn die Linken in der Partei
nur schwer mittragen können. Aber sie werden es tun, um der erneuten
Regierungsperspektive wegen. Und der ehemaligen Finanzminister ist
ihnen ja auch ein Stück weit entgegengekommen.
Inhaltlich ist manch Vernünftiges in Steinbrücks Papier
nachzulesen. Wer will noch bestreiten, dass die Bonus-Zahlungen an
manche Banker in keinem Verhältnis zu deren realer Leistung stehen
oder Spekulationsgeschäfte mit Rohstoffen und Nahrungsmittel ziemlich
skrupellos sind? Höchst bedenklich andererseits etwa die Aufspaltung
der Deutschen Bank – das letztes nationale Geldinstitut von
internationaler Bedeutung – in einen Geschäfts- und einen
Investmentbereich.
So nachvollziehbar und auch populär viele Forderungen sind, sie
alle haben einen Haken. National sind sie wirkungslos. Sie müssen
zumindest europaweit durchgesetzt werden. Als ehemaliger
Bundesfinanzminister weiß Peer Steinbrück, wie schwer EU-weite
Lösungen zu erkämpfen sind. Deshalb ist es ziemlich unredlich, wenn
er seinem Nachfolger und der Bundeskanzlerin „Untätigkeit“ etwa bei
der Besteuerung der Finanzmärkte vorwirft. Und falsch ist es auch.
Die Bundesregierung hat sich beispielsweise die
Finanztransaktionssteuer auf die Fahne geschrieben. Die Partner
wollen sie allerdings noch immer nicht hissen. Steinbrück kennt das
alles. Aber was zählt in Wahlkampfzeiten schon die ganze Wahrheit?
An der Glaubwürdigkeit des Möchtegern-Banken- Dompteurs Steinbrück
nagt noch etwas anderes: sein Hang zum großen, gut bezahlten
Auftritt. Wie jüngst im Zürcher Luxushotel „Dolder“, gesponsert von
großen internationalen Finanzanbietern und Versicherungen samt einem
Vortragshonorar – über dessen Höhe sich der ehemalige Finanzsenator
dann aber lieber ausschweigt.
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