Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Berlins
Wasserpreise sind zu hoch. Was alle Berliner immer schon vermutet
haben, belegt der Zwischenbericht des Bundeskartellamts: Im Vergleich
zu anderen Städten wie Köln, Hamburg oder München zahlen die Berliner
für ihr Trinkwasser 25 Prozent zu viel. Um 50 Cent müsste der
Kubikmeterpreis gesenkt werden. Doch so einfach ist die Situation
nicht. Denn die Berliner Wasserbetriebe sind zum Spielball der
Politik geworden. Da ist zum einen Wirtschaftssenator Harald Wolf
(Linke). Er will das Unternehmen rekommunalisieren, die Anteile der
privaten Investoren zurückkaufen. Weil er an den bestehenden
Verträgen, die eine Gewinngarantie vorsehen, nicht viel ändern kann,
hat er nun das Bundeskartellamt eingeschaltet. So will er eine
Wasserpreissenkung durchzusetzen – vor allem gegenüber den privaten
Anteilseignern Veolia und RWE, die sich gegen eine Senkung der
Wasserpreise sträuben, weil sie auch ihre Gewinne senken würde. Wäre
Wolf nur Wirtschaftssenator, der dem Wohl der Allgemeinheit
verpflichtet ist, könnte man dieses Vorgehen verstehen. Doch Wolf
füllt noch eine weitere Rolle aus: Er ist auch
Aufsichtsratsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe. In dieser
Funktion müsste er eigentlich alles daransetzen, dem Unternehmen mit
seinen 5000 Mitarbeitern zu nützen. Doch er will die Gewinne
reduzieren. Möglicherweise gefährdet er damit sogar die Zukunft der
Berliner Wasserbetriebe. Denn sollte das Kartellamt mit seiner
Forderung durchkommen, droht dem Unternehmen ein erheblicher
finanzieller Schaden. Schon jetzt gibt es in der Belegschaft große
Befürchtungen, dass die Rückzahlung hoher Millionensummen auf ihrem
Rücken erfolgen wird. Denn die Gewinne der vergangenen Jahre sind
längst an die Eigentümer ausgezahlt. Zudem drohen
Schadensersatzklagen der privaten Investoren, die auf bestehende
Verträge pochen können. Doch in Zeiten des Stimmenfangs werden diese
Risiken ausgeblendet. Seitdem das Volksbegehren zur Offenlegung der
Wasserverträge erfolgreich war, buhlt die Politik mit allen Mitteln
um die Gunst der 660.000 Berliner, die beim Volksbegehren für
niedrigere Wasserpreise unterschrieben haben. Um diese Stimmen geht
es auch dem Regierenden Bürgermeister. Klaus Wowereit (SPD)
attackierte am Donnerstag seinen Wirtschaftssenator und dessen
Rollenspiel. Willkommen im Wahlkampf. Dabei geht es eigentlich um
eine grundsätzliche Frage, um deren Beantwortung sich der rot-rote
Senat seit zehn Jahren gedrückt hat: Was will das Land Berlin mit
seinen Unternehmen erreichen? Mit seinen Wasserbetrieben,
Wohnungsbaugesellschaften und der BVG? Will der Senat geringe
Gebühren, günstige Mieten und niedrige Fahrpreise? Oder will man gut
aufgestellte Unternehmen, die ihre Leistungen für die Bürger
erbringen, aber auch eine Dividende für den Landeshaushalt
erwirtschaften? Der Wahlkampf verträgt auch bittere Wahrheiten. Bei
einem Schuldenstand von 60 Milliarden Euro und der Schuldenbremse ab
2020 ist für Wohltaten¸ so sehr man sie auch wünschen mag, kein Platz
im Haushalt.
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