Wer so schwer stürzt wie der Freiherr zu
Guttenberg, dem sollte man nicht noch nachtreten. Doch erinnert
werden darf schon daran, dass der kurzzeitige Verteidigungsminister,
von dessen Wiederauferstehung viele in der CSU noch immer träumen,
eine umfassende Reform der Bundeswehr in tollkühner Husaren-Manier
angestoßen hat – ohne sich um die Folge für die Truppe zu kümmern.
Konkret: Der großen Reform der Bundeswehr hätte eine Analyse von
künftigem Auftrag, Bündnisverpflichtungen und letztlich auch des
Finanzrahmens vorangehen müssen. Eine solche Lagebeurteilung hat der
Freiherr in seinem Tatendrang versäumt, stattdessen das Pferd von
hinten aufgezäumt. Richtig bleibt, dass er die Abschaffung der
Wehrpflicht in der zur Einsatzarmee mutierten Bundeswehr
durchgedrückt hat. Aber gleichzeitig sich dem Spardiktat des
Finanzministers kampflos zu beugen (8,3 Milliarden weniger bis 2015),
ohne die Konsequenzen für Personal und Ausrüstung einer künftig
drastisch verkleinerten Freiwilligen-Truppe (derzeit etwa 220.000
Soldatinnen und Soldaten, künftig maximal 185.000) zu bedenken,
spricht gegen all die Qualitäten, derer der fränkische Adelsspross
monatelang gerühmt wurde. Morgen will Nachfolger Thomas de Maizière
Eckpunkte seiner Reform der guttenbergschen Reformansätze im Kabinett
vorstellen. Es wird keine grundlegende Kehrtwendung geben. Aber eine
Planung, die offensichtlich auf einer verlässlicheren wie
realistischeren Finanzgrundlage fußt. Dem ehemaligen
Kanzleramtsminister ist es gelungen, den knauserigen Kollegen
Finanzminister Wolfgang Schäuble davon zu überzeugen, dass die
Sparvorgabe nicht zu halten ist – wenn die Bundeswehr zu einer Armee,
deren Soldaten auf dem freien Arbeitsmarkt gewonnen werden müssen,
umgebaut wird und wenn zeitgemäße Ausrüstung und schließlich
Neuorganisation der ministeriellen wie der zivilen Verwaltung nötig
sind. Über Größenordnung der reduzierten Sparanweisung samt möglichen
Verschiebungen von finanziellen Lasten innerhalb des Gesamthaushalts
wird Konkretes noch unter Verschluss gehalten. Doch de Maizière ist
erfahren genug – notfalls auch dank kräftiger Fürsprache seiner
Mentorin und Kanzlerin -, Schäuble den finanziellen Spielraum
abgetrotzt zu haben, den er zum erfolgreichen Umbau der Bundeswehr
von historischer Dimension braucht. Dass der, anders als Guttenberg
noch versprochen hatte, in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu
schaffen ist, hat der Sohn des einstigen Generalinspekteurs Ulrich de
Maizière bereits vermeldet. Die Reform ist zu wichtig und auch zu
tief greifend, um sie unter Zeitdruck durchzupeitschen. Solidität ist
auch in diesem Fall wichtiger als Übereifer. Zu viel Menschliches wie
Politisches steht auf dem Spiel. Denn am Ende geht es um die
Minimierung des Lebensrisikos der Soldatinnen und Soldaten, die
stärkere Akzeptanz der Auslandseinsätze durch die deutsche
Öffentlichkeit, um die Verlässlichkeit Deutschlands gegenüber den
Partnern im Nato-Bündnis und Mitverantwortung für den Frieden in der
Welt. Wer in der internationalen Politik gehört werden und auf sie
Einfluss nehmen will, darf seine Armee nicht aushungern. Das hat
nichts mit Größenwahn zu tun. Aber sehr viel mit der Realität auf
diesem Globus.
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