Der Vorwurf des Antisemitismus trifft die Linke an
einem wunden Punkt: Es geht um den Gründungsmythos der
Vorgängerparteien. Dass sich hinter dem zur Schau gestellten
Antifaschismus der DDR auch ein ungehöriger Teil Antisemitismus
verbarg, weiß Gregor Gysi nur zu gut. Dennoch bemühte er sich, den
Anschein der „sauberen“ Deutschen in die neue Zeit zu retten. So
hatte Gysi im Frühjahr 1990 die Wiedervereinigung Deutschlands als
„schlecht für die Welt, insbesondere aber für die Juden“ erklärt.
Heute steht er einer Fraktion vor, die in Teilen das Existenzrecht
Israels bestreitet. Die Unschärfe in der Abgrenzung zu Extremisten
durchzieht die Partei wie einst die Mauer Berlin, nicht nur beim
Thema Israel. Da ist die klammheimliche Freude über Gewalttaten
autonomer Gruppen, dargeboten in der Form des größtmöglichen
Verständnisses bis zum Rande des Rechtsbruchs, da sind die
gemeinsamen Auftritte von prominenten Mitgliedern mit Trotzkisten,
Stalinisten, Kommunisten und Terroristen, mal mehr, mal weniger
„Ex-„, da sind die Aufrufe zu Demonstrationen, bei denen Krawall
Tradition ist, da ist der Stolz auf Friedensflotten mit der Hamas an
Bord.
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