Der Schlussakkord des Großen Zapfenstreichs wird die
Diskussion um die Causa Wulff nicht beenden, sondern noch lange
nachhallen. Dafür sorgt der zurückgetretene Bundespräsident schon
selbst – indem er weiter Antworten auf berechtigte Fragen verweigert
und offenbar meint, er habe sich mit dem Auszug aus Schloss Bellevue
auch jeglicher Verantwortung entledigt. Mit seinem Schweigen nährt er
fleißig die Argumente derjenigen, die ihm auch nach seinem
Ausscheiden aus dem Amt Selbstbedienungsmentalität und Vorteilsnahme
vorwerfen.
Kein Zweifel, was für einen Boxer gilt, das muss erst recht für
einen Bundespräsidenten gelten: Wenn einer nach einem Schlag am Boden
liegt, dann tritt man nicht noch nach, sondern zeigt Sportsgeist und
hilft ihm wieder auf die Beine. Nur taugt der in diesen Tagen oft
bemühte Vergleich im Hinblick auf Wulff nicht: Denn das ehemalige
Staatsoberhaupt hat keinen Schlag erlitten und ist zu Boden gegangen,
sondern hat sich mit seinem unanständigen Verhalten selbst K.o.
gehauen. Und wie Wulff sich anschließend benimmt, hat es den
Anschein, er wolle beim Aufstehen den Rundumstehenden noch einen
Schwinger verpassen. Oder wie sind die Vorgänge der vergangenen zwei
Wochen zu verstehen?
Wenn das Gesetz sagt, der „Ehrensold“ stehe einem vorzeitig
abgetretenen Präsidenten nur zu, wenn der Rücktritt aus politischen
oder gesundheitlichen Gründen erfolgt sei, dann hat Wulff keinen
Anspruch darauf. Denn der Grund für seinen Rückzug ist in seinem
persönlichen Fehlverhalten zu suchen. Würde er das Wort Ehre richtig
verstehen, müsste er verzichten – oder das Geld spenden. Wenn es
stimmt, dass die Entscheidung für die Zahlung – der 52-Jährige wird
den Steuerzahler in den nächsten Jahrzehnten bis zu 30 Millionen Euro
kosten – von einem engen Weggefährten Wulffs im Präsidialamt
getroffen wurde, dann spricht daraus wiederum ein zutiefst schamloser
Umgang mit Staatsgeldern. Wenn man dann noch weiß, dass Wulff sich
wenige Tage vor seiner Wahl vor zwei Jahren noch für eine Reform der
eigenen Ruhebezüge eingesetzt hatte, jetzt aber Geld und sonstige
Vorteile wie selbstverständlich einstreicht, darf er sich über den
Aufschrei in der Bevölkerung nicht wundern.
Das Schlimme ist: Es nimmt kein Ende. Selbst beim Zapfenstreich
wünschte es Wulff pompöser als seine Vorgänger, ließ vier statt drei
Lieder spielen. Und wieder kein Wort zu den Fragen, die die Menschen
bewegen. Jetzt ist die Politik gefragt, muss aus dem Fall Wulff
Lehren ziehen. Wenn allerdings selbst SPD-Generalsekretärin Andrea
Nahles den Ehrensold für Wulff verteidigt, dann macht das nicht
gerade viel Hoffnung. Bernd Loskant
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