HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandspresse, Hamburger Abendblatt zu Hartz-IV-Einigung

Die Einigung über Hartz IV erinnert an die antike
Sage vom Gordischen Knoten: Nur derjenige sollte laut Orakel
Herrscher von Asien werden, der den kunstvollen Knoten lösen könne.
Alexander der Große durchschlug daraufhin – wenig elegant – das
komplizierte Tau-Knäuel mit dem Schwert. Auch der Hartz-Streit
scheint nun auf einen Schlag gelöst: Es gibt für Leistungsempfänger
etwas mehr Geld im Monat, dazu ein 1,6 Milliarden Euro schweres
Bildungspaket. Das ist vor allem für die Union eine annehmbare
Lösung, die nicht viel anderes versprochen hatte. Doch der Kompromiss
dürfte ebenso wenig dauerhaft sein wie Alexanders Asien-Herrschaft.
Bedarfsgerecht und transparent berechnet sollten die Sozialleistungen
sein, hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert. Die Juristen
wollten Rechtsfrieden herstellen in der Frage, was der Mensch zum
Leben braucht. In dem Regeldickicht hatten sich Hartz-Antragsteller
und Sozialrichter gleichermaßen verheddert. Doch ein Kompromiss, der
in Hinterzimmern kalkuliert und ausgehandelt wurde und zugleich zu
dürftig ist, um als Wohltat bezeichnet zu werden, dürfte kaum
weiterhelfen. Über kurz oder lang dürfte das Thema daher wieder in
Karlsruhe landen.

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