Jahrespressekonferenz der Hertie School of Governance: Bewerberzahlen auf Rekordhöhe / Forschung für die Praxis: aktuelle Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Hartz-Reformen

Fünf Jahre nach Aufnahme des Studienbetriebs zieht
die Hertie School of Governance in Berlin eine positive Bilanz. „Mit
praxisbezogener Forschung, weltweiten Kooperationen und hochklassigen
Studierenden hat sich die Hertie School eine Spitzenposition
erarbeitet unter den Hochschulen, die Politik und gute
Regierungsführung in den Mittelpunkt stellen“, so der
Kuratoriumsvorsitzende Dr. h.c. Frank-J. Weise, Vorstandsvorsitzender
der Bundesagentur für Arbeit.

Dekan Prof. Helmut K. Anheier, PhD: „Durch die Finanz- und
Wirtschaftskrise stehen unsere Lehr- und Forschungsinhalte noch mehr
im Scheinwerferlicht: International werden Lösungen für ein besseres
Regierungs- und Verwaltungshandeln an den Schnittstellen zwischen
Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gesucht. Wir liefern hierzu
Forschungsergebnisse mit hoher Praxisrelevanz.“

Sowohl im „Master of Public Policy“-Programm (MPP) als auch im
„Executive Master of Public Management“-Programm (EMPM) war die Zahl
und die Qualität der Studienbewerber für den aktuellen Jahrgang so
hoch wie noch nie. Die 100 Teilnehmer des neuen MPP-Jahrgangs wurden
aus über 700 Bewerbern ausgewählt und kommen aus 40 Nationen. Einige
von ihnen streben ein Doppeldiplom an einer der Partnerhochschulen
an, darunter die London School of Economics, die Columbia University
und die Sciences Po in Paris. Das Netzwerk ihrer Partnerschaften baut
die Hertie School kontinuierlich aus – neu dabei sind die Maxwell
School der Syracuse University und das Institute of Social Studies in
Den Haag.

Die Forschungsstärke der Hertie School zeigt sich an den
Publikationsleistungen ihrer 18 Professoren, den von ihnen betreuten
Doktorarbeiten – insgesamt 88 seit 2007 – sowie der erfolgreichen
Einwerbung von Drittmitteln für Forschungsprojekte: Im laufenden Jahr
wurden bereits zwei Millionen Euro eingeworben.

Weise: Hartz-Reformen haben für Transparenz auf dem Arbeitsmarkt
gesorgt

Der Erfolg staatlichen Handelns lasse sich heute vor allem daran
messen, inwieweit es dem Staat gelinge, bessere Leistungen für die
Bürger zu erbringen, erklärt Frank-J. Weise am Beispiel der
Hartz-Reformen: „Das erste Verdienst der Hartz-Reformen war es,
Transparenz und Ehrlichkeit über die wahren Umstände am Arbeitsmarkt
herzustellen. Erstmals sind die Menschen als arbeitslos erkennbar und
sichtbar geworden, die zuvor in der Sozialhilfe versteckt waren. Das
zweite Verdienst war der Grundsatz des Förderns und Forderns. Damit
wurden die Weichen gestellt vom fürsorgenden Sozialstaat zum
aktivierenden Sozialstaat. Und schließlich haben die Hartz-Gesetze
die Grundlage geschaffen für den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit
zur Bundesagentur für Arbeit, also den Weg bereitet von der
schwerfälligen Behörde zum modernen Dienstleister. Um diesen Weg
fortzusetzen, werden Führungskräfte mit einem breiten Kompetenzprofil
und einer unternehmerischen Haltung benötigt, wie sie die Hertie
School ausbildet.“

Wie muss es weitergehen nach Hartz IV?

Prof. Dr. Anke Hassel von der Hertie School of Governance hat
aktuell eine umfangreiche Analyse der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik
seit der Agenda 2010 vorgelegt. Ihr Resümee: „Hartz IV hat den
Arbeitsmarkt aktiviert und mehr Langzeitarbeitslose in Arbeit
gebracht, aber Deutschland auch eine Spitzenposition bei der
Beschäftigung im Niedriglohnbereich verschafft. Das Grundproblem
einer zu hohen Kostenbelastung im unteren Bereich des Arbeitsmarktes
wurde durch die Hartz-Reformen nicht gelöst.“

Hassel zieht daraus folgende Schlüsse: Um Anreize für die
Vollzeitbeschäftigung von Geringqualifizierten zu schaffen, müsse die
Abgabenlast für diese gesenkt, ein gesetzlicher Mindestlohn
eingeführt und die finanziellen Anreize für geringfügige
Beschäftigung reduziert werden. Zudem sollte der Anteil der
Sozialversicherungs- beiträge an der Finanzierung der Sozialausgaben
gesenkt werden, um gering entlohnte Arbeit und damit die Aufnahme
einer Vollzeitbeschäftigung für Langzeitarbeitslose attraktiver zu
machen. „Für eine langfristige und nachhaltige Lösung wird es von
zentraler Bedeutung sein, die fiskalischen Beziehungen zwischen
Sozialversicherungen, Bund, Ländern und Gemeinden neu zu
strukturieren. Vor allem der im internationalen Vergleich hohe Anteil
der Versicherungsbeiträge am Gesamthaushalt sollte gerade für
Bezieher von niedrigen Einkommen gesenkt werden“, so Anke Hassel.

Weitere Informationen zu Anke Hassels Thesen sowie der aktuelle
Jahresbericht 2009/2010 der Hertie School sind unter
www.hertie-school.org abrufbar.

Die Hertie School of Governance ist eine internationale Hochschule
für modernes Regieren in Berlin. Sie bereitet herausragend
qualifizierte junge Menschen auf Führungsaufgaben an den
Schnittstellen zwischen öffentlichem Sektor, Wirtschaft und
Zivilgesellschaft vor und versteht sich als Impulsgeber für die
öffentliche Debatte. An der Hertie School lehren und forschen
international anerkannte Wirtschafts-, Sozial- und
Rechtswissenschaftler. Im Jahr 2003 von der Gemeinnützigen
Hertie-Stiftung gegründet, wird die Hochschule weiterhin maßgeblich
von ihr getragen.

Pressekontakt:
Regine Kreitz, Head of Communications, Tel.: 030 / 259 219 113,
Fax: 030 / 259 219 444, Email: pressoffice@hertie-school.org