Die Berlin-Brandenburgische Akademie der
Wissenschaften (BBAW) reagiert mit einem groß angelegten
Forschungsprojekt „Zitat und Paraphrase“ auf die jüngsten
Diskussionen um wissenschaftliche Plagiate. Dies berichtet der
„Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag-Ausgabe) unter Berufung auf den
BBAW-Vizepräsidenten und früheren Rektor der Humboldt-Universität,
Christoph Markschies. Die Arbeit ist auf zweieinhalb Jahre angelegt
und zielt laut Projektantrag auf „präzise Begriffsdefinitionen“ und
auf die Erhebung von Standards für Aneignung und Dokumentation von
Wissen. „Die Diskussion über Plagiate und Zitierkonventionen hat
gezeigt, dass wir viel zu wenig wissen, wie sich die Gepflogenheiten
im Lauf der Zeit (horizontal) und in den jeweiligen Disziplinen
(vertikal) entwickelt haben“, sagte Markschies der Zeitung. Es gehe
um größere Klarheit darüber, was gemeinsame Standards sind und wo
spezifische Unterschiede zwischen den einzelnen
Wissenschaftsdisziplinen liegen. Ohne solche Erkenntnisse „fehlen
wichtige Instrumente für ein Gesamturteil“ über wissenschaftliche
Arbeiten, betonte Markschies. In der 25-köpfigen Arbeitsgruppe der
BBAW sind Wissenschaftler aus dem In- und Ausland vertreten, neben
Markschies selbst der frühere Präsident der
Hochschulrektoren-Konferenz Peter Gaehtgens, der Tübinger
Literaturwissenschaftler Georg Braungart (Leiter der bischöflichen
Eliteförderung „Cusanuswerk“) oder der US-Historiker Anthony Grafton
(Princeton University), der bereits in den 1990er Jahren ein Buch
über die „tragischen Ursprünge der deutschen Fußnote“ veröffentlicht
hat. In dem Forschungsantrag ist von „dringendem Handlungsbedarf“ die
Rede, weil die Debatte über Plagiate „erkennbar parteipolitisch
grundiert“ sei. „Indem die Standards und deren Geltung klarer würden,
nähme vermutlich auch die Tendenz einer „Politikerjagd“ ab. Auch
damit wäre viel gewonnen – für die Politik wie für die Wissenschaft“,
so Markschies. Die Wissenschaftler ziehen auch die Idee einer
„mathematischen Messbarkeit wissenschaftlicher Originalität“ in
Zweifel. Markschies „Die Vorstellung, das mathematische Auszählen von
Belegstellen habe etwas mit Qualität und Originalität zu tun, wird
geisteswissenschaftlicher Arbeit nicht gerecht. Das sagen uns
übrigens auch die Mathematiker selbst.“ Die Wissenschaft müsse ihre
eigenen Standards festlegen und dürfe die Qualitätsprüfung nicht
delegieren. „Die Informatik kann niemals die Instanz sein, die über
die Qualität von Forschung entscheidet“, so Markschies.
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