Kosten für Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten verdoppelt /
Jahrespauschale steigt von 93.000 Euro (2000) auf 179.000 Euro (2010) / „Report Mainz“, heute, 9. Mai 2011, 21.45 Uhr im Ersten

Die Kostenpauschale für Mitarbeiter von
Bundestagsabgeordneten hat sich nach Recherchen des
ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ in den vergangenen zehn Jahren
nahezu verdoppelt. Die Summe, die jedem Abgeordneten jährlich zur
Verfügung steht, um Mitarbeiter im Bundestags- und im Wahlkreisbüro
zu beschäftigen, stieg von rund 93.000 Euro im Jahr 2000 auf rund
179.000 Euro im Jahr 2010. Insgesamt bewilligten sich die
Bundestagsabgeordneten im vergangenen Jahr 149,2 Mio. Euro für
Mitarbeiter. 2011 stieg die Gesamtsumme auf 151,4 Mio. Euro. In den
letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Abgeordnetenmitarbeiter von
3.745 (2000) auf 6.067 (2010) deutlich erhöht. Im Durchschnitt
beschäftigte jeder Bundestagsabgeordnete im Jahr 2010 rund zehn
Mitarbeiter. Die Hälfte der Mitarbeiter ist nach Angaben der
Bundestagsverwaltung in Berlin eingesetzt, die andere Hälfte im
Wahlkreis.

Der Landesrechnungshofpräsident von Sachsen-Anhalt, Ralf Seibicke,
erklärte im Interview mit „Report Mainz“, er sehe Hinweise darauf,
dass insbesondere in Wahlkreisbüros die vorgeschriebene strikte
Trennung zwischen der Arbeit für Partei und Mandat nicht immer
beachtet werde. In solchen Fällen bestehe der Verdacht auf verdeckte
Parteienfinanzierung. Seibicke, der zugleich Vorsitzender der
Konferenz der Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder
ist, sagte: „Wir haben zu zwei Stichtagen geprüft und festgestellt,
dass die Grenze offensichtlich nicht überall und immer eingehalten
wird und haben insofern auch den Handlungsbedarf aufgezeigt.“ Der
Landesrechnungshof von Sachsen-Anhalt hat im Jahr 2010 die Praxis der
Abgeordneten-Mitarbeiter geprüft und nun beanstandet. Dies geht aus
der bislang unveröffentlichten Prüfungsmitteilung vom 23. März 2011
hervor, die „Report Mainz“ exklusiv vorliegt. Seibicke sagte weiter,
es handle sich hier sicher nicht um ein spezifisches Problem von
Sachsen-Anhalt. Alle anderen Rechnungshöfe haben die Summen für
Abgeordnetenmitarbeiter nach Recherchen von „Report Mainz“ seit mehr
als zehn Jahren nicht geprüft (bis auf Berlin im Jahr 2007) oder
verweigern eine Auskunft.

„Report Mainz“ hat in einer repräsentativen Stichprobe 100 von
insgesamt 622 Bundestagsabgeordneten überprüft. Ergebnis: 54 Prozent
der untersuchten Bundestagsabgeordneten beschäftigen Mitarbeiter in
den Wahlkreisbüros, die auch herausgehobene und zeitintensive
Funktionen in der Partei vor Ort ausüben, wie etwa
Kreisgeschäftsführer oder Fraktionsvorsitzende. „Report Mainz“ zeigt
in seiner Sendung heute Abend, 9. Mai 2011, Aufnahmen mit versteckter
Kamera aus Wahlkreisbüros von Bundestagsabgeordneten in Hessen und
Nordrhein-Westfalen. Der Verwaltungswissenschaftler Prof. Hans
Herbert von Arnim bewertet diese Recherchen im Interview als starke
Hinweise auf verdeckte Parteienfinanzierung: „Schaut man sich die
Beispiele an, so drängt sich förmlich der Eindruck auf, dass hier auf
Staatskosten Parteifunktionen ausgeübt werden, und das ist illegal.“

Zitate gegen Quellenangabe frei.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an „Report Mainz“, Tel.:
06131/929-3351.