Lausitzer Rundschau: Bereinigung eines Irrtums

Zu den Energiebeschlüssen der Bundesregierung

Es gibt starke Indizien dafür, dass nicht
Fukushima der Anlass für die jetzige Energiewende der Bundesregierung
war, sondern die Kombination aus der fernen Katastrophe und der sehr
nahen Wahl in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Aber auch wenn
das Motiv dieser Energiewende nicht überzeugend ist, ihr Konzept ist
es trotzdem. Die Koalition geht zurück zu den alten rot-grünen
Ausstiegsdaten, aber bei der Umsteuerung auf erneuerbare Energien
noch darüber hinaus. Die Zielvorgaben werden verschärft und die
Förderungen erhöht, endlich übrigens auch für die Gebäudesanierung
und die Geräteeffizienz. Und selbst bei der Endlagersuche gibt es
wieder Bewegung. SPD, Grünen und Linken wird der zornige Blick zurück
auf die Fehlentscheidung der Laufzeitverlängerung nicht viel bringen.
Misstrauen, dass es doch noch Hintertürchen gibt, ist nicht
angebracht. Diese beiden Regierungsparteien, CDU und FDP, werden nie
wieder Laufzeiten verlängern, sondern, wenn überhaupt, nur noch
weiter verkürzen. Welch eine Chance eröffnet sich nun, endlich zu
einem Konsens in der Energiepolitik zu kommen. Wahrscheinlich konnte
nur eine konservative Regierung diesen Durchbruch erzielen. So wie
einst wahrscheinlich nur eine sozialdemokratische Regierung
Arbeitsmarkt und Sozialsysteme mit Erfolg reformieren konnte. Die SPD
scheint begriffen zu haben, dass es sich nicht lohnt, sich noch um
ein paar Monate kürzer oder länger zu verkämpfen. Das sollten auch
die Grünen einsehen. Sie werden ihr Anti-AKW-Protestpotential nie
mehr so abrufen können, wie in den letzten Monaten. Dieses Thema ist
durch. Der Atomausstieg und die international fast einmalige
Anstrengung einer ökologischen Energierevolution sind ein Erfolg der
grünen Partei und bleiben es. Nur wird sie sich für die
Wählermobilisierung künftig andere Themen suchen müssen. Die
Regierung scheint allen Ernstes zu erwarten, dass sie für ihre durch
Katastrophen und Landtagswahlen erzwungene 180-Grad-Wende in der
Energiepolitik von der Öffentlichkeit auch noch belohnt wird. Das
wäre etwas viel des Guten. Was jetzt kommt, ist in erster Linie ein
Irrtumsbereinigungs-Gesetz. Da allerdings der Irrtum nicht einmal
eingestanden wird, geht die Operation mit dem Verlust an
Glaubwürdigkeit einher, bei den Atomkraftgegnern sowieso, aber nun
auch in der eigenen Kernwählerschaft. Es ist eher fraglich, ob die
schwarz-gelbe Restlaufzeit von 27 Monaten ausreichen wird, um diesen
Eindruck bis zur Bundestagswahl abklingen zu lassen.

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