Im Prinzip ist ein Bundesfinanzminister immer arm
dran. Läuft die Konjunktur unerwartet schlecht, ist er zum
Löcherstopfen verdammt. Gedeiht die Wirtschaft dagegen prächtig, muss
er die Begehrlichkeiten seiner Kabinettskollegen nach Mehrausgaben
oder Steuergeschenken abwehren. Letzteres kommt auf Wolfgang Schäuble
zu. Dank des Mega-Aufschwungs und der damit verbundenen
Einnahmezuwächse ist die Lage an der Schuldenfront zwar weniger
dramatisch als noch bis vor Kurzem erwartet. Traurige Tatsache bleibt
aber, dass sich Schäuble in den nächsten Jahren immer noch fast
86Milliarden Euro für den Bundeshaushalt borgen will. Selbst
in Boomzeiten reichen die Steuereinnahmen also nicht aus, um den
Bundeshaushalt strukturell ins Lot zu bringen, also dauerhafte
Ausgaben zu decken. Doch es gibt Hoffnung. Sie findet sich im
Grundgesetz und heißt Schuldenbremse. Ihr Sinn und Zweck besteht
darin, konjunkturell bedingte Mehreinnahmen für den weiteren Abbau
der Neuverschuldung zu verwenden. Umso mehr sie sprudeln, desto
stärker sollen sie dorthin fließen. Wer indes wie die FDP dauerhafte
Entlastungen – nichts anderes wäre eine Senkung des Steuertarifs auf
breiter Front – mit konjunkturbedingten, also vorübergehenden
Mehreinnahmen finanzieren will, der hat die Logik der Schuldenbremse
entweder nicht verstanden oder ignoriert sie bewusst, um sich
kurzfristig einen parteipolitischen Vorteil zu verschaffen. Den
Liberalen darf man getrost die zweite Möglichkeit unterstellen.
Wolfgang Schäuble muss dafür sorgen, dass die finanzpolitische
Vernunft in der Koalition nicht vollends unter die Räder kommt. In
der Schuldenbremse hat er einen wertvollen Verbündeten.
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