Dass die Todesmeldung eines Prominenten Trauer
auslöst, ist normal im politischen Berlin. Dass aber alle regelrecht
bestürzt reagieren, vom Journalisten bis zum Minister, vom Pförtner
bis zum Abgeordneten, vom Linken bis zum Rechten, das ist selten. Und
das bei einem, der Parteimensch war durch und durch. Gestern kam eine
solche Meldung. Peter Struck hat seinen 70. Geburtstag im Januar
nicht mehr geschafft. Sogar Helmut Kohl nannte ihn einmal „mein
Lieblinsgssozi“. Von ihm bleibt zum Beispiel das „Strucksche Gesetz“.
Nichts geht aus dem Bundestag heraus, wie es hereingekommen ist, hat
er gesagt. Es ist das Gesetz, das dem kleinen Abgeordneten Macht
gibt. Aber noch mehr dem Fraktionschef der Regierungsfraktion SPD,
der Struck in der ersten Amtszeit von Kanzler Gerhard Schröder und
dann wieder während der Großen Koalition war. Er hat diese Macht
genutzt. Für kleine Änderungen, indem er die Fraktionskritiker von
der Leine ließ. Aber auch für große Weichenstellungen, die er selbst
wollte. Die Föderalismusreform von 2006 bleibt sein wichtigstes Werk.
Klarere Abgrenzung zwischen Bund und Ländern, weniger Blockaden und
weniger Streit. Das hat Deutschland „struckturell“ verändert. Nach
Rudolph Scharping bekam das Verteidigungsministerium mit Struck 2002
wieder einen Chef, der hinter der Armee und ihrem Auftrag stand. Und
den die Soldaten mochten. Die Pfeife hat er selten aus dem Mund
genommen. Vielleicht wollte er ein neuer Herbert Wehner sein, aber
ein freundlicher. Ein Original war er auf jeden Fall. In den letzen
Jahren, ehe er sich freiwillig 2009 nach 19 Jahren aus dem Bundestag
zurückzog und Präsident der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde, übertrieb
er das Knorrige etwas. Volker Kauder und Peter Ramsauer, seine
Partner von der Union, hat er geduzt. Verabredungen mit ihm hielten.
Das schätzten die Christdemokraten. Selbst als er, halb witzig
gemeint, halb ernst, sagte „Die CDU kann mich mal“, nahmen sie das
nicht wirklich übel. Was ihn aber vor allem anderen auszeichnete, war
sein Umgang mit Menschen. Nicht ohne Grund arbeiteten über viele
Jahre hinweg fast immer die gleichen Mitarbeiter ihm zu, er war als
Chef loyal zu seinen Untergebenen, also waren sie es auch zu ihm.
Struck liebte seine Heimatstadt Uelzen, in der er in jungen Jahren
Vize-Stadtdirektor war und wo seine Frau Brigitte noch heute
stellvertretende Bürgermeisterin ist. Wenn er einmal im Jahr einen
Pulk Berliner Journalisten zur Sommertour dorthin entführte, hörte
man „Moin, Peter“ hier und „Moin, Peter“ da. Im Bus holte Struck die
Skatkarten raus. Und dann seine Leidenschaft für das schwere
Motorrad. Ein Top-Politiker, den die Biker-Szene kennt und der auch
noch Mitglied bei Borussia Dortmund ist. Das war nicht gespielt,
nicht Politiker-Show. Das war Struck. Er habe das gern gemacht, hat
er als letzten Satz in seiner Biografie geschrieben. „Mit deutlichen
Ansagen und klarer Sprache, volksnah und mit ganzem Herzen.“ Nur das
Herz hat gestern nicht mehr gewollt.
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