Lausitzer Rundschau: Ein trauriger Abgang

Zum Rücktritt Karl-Theodor Freiherr zu Guttenbergs

Mehrfach in seiner kurzen Ministerkarriere hat
Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg mit dem Rücktritt kokettiert.
Seht her, sollte das heißen, ich bin anders: Ich klebe nicht an
meinem Stuhl, sondern stehe zu meinen Überzeugungen, sollte es mich
auch die politische Karriere kosten. Aber als es dann in der
Plagiatsaffäre wirklich ernst wurde, hat sich der CSU-Politiker bis
zuletzt an sein Amt geklammert. Hat geleugnet, abgewiegelt,
verniedlicht, vorwärtsverteidigt, Fehler nur scheibchenweise
eingeräumt, und sich erst, als es gar nicht mehr anders ging, eher
trotzig als schuldbewusst ins Unvermeidliche gefügt. Ein trauriger
Abgang für einen, der Klarheit und Wahrheit, Tatkraft und Anstand in
der Politik zum Prinzip erheben wollte. Niemand in Deutschland kann
sich darüber freuen, dass ein Mann, der so vielen Menschen – ob zu
Recht, oder zu Unrecht – als Hoffnungsträger galt, sich in so kurzer
Zeit so vollständig selbst demontiert, ja der Lächerlichkeit
preisgegeben hat. Dass er im Internet als Copy-Karl, Googleberg,
Lügenbaron, Dr. strg. c. oder Selbstverteidigungsminister verspottet
wird. Dass man ihn jetzt öffentlich einen Betrüger nennen kann, ohne
mit einer Klage rechnen zu müssen. Die Republik erlebt die
persönliche Tragödie eines Mannes, der an den maßlosen Erwartungen,
die in ihn gesetzt wurden – und die er ganz bewusst in anderen
geweckt hat – gescheitert ist. Seinen rasanten Aufstieg verdankte
Guttenberg weniger sachpolitischen Erfolgen als seinen herausragenden
kommunikativen Fähigkeiten. Hier war einer, der die Menschen
mitnehmen konnte. Einer mit Glamour, Stil und schicker Gattin, der es
– unter tatkräftiger Mitwirkung nicht nur des Boulevards – in der
Mediengesellschaft des beginnenden 21. Jahrhunderts geradezu
zwangsläufig zum politischen Pop-Star bringen musste. Einer, der
fähig schien, allein kraft seiner Persönlichkeit die als immer
breiter werdend empfundene Kluft zwischen Volksvertretern und Volk zu
überbrücken. Aber das ist zu viel für einen einzelnen Mann: Am Ende
hat den Anschein die Wirklichkeit eingeholt. Natürlich haben die
Medien dabei eine Rolle gespielt. Aber für Dolchstoßlegenden nach dem
Motto „Erst gefeiert, dann fallen gelassen“ taugt die Causa
Guttenberg kaum. Nicht Nörgler, Neider, Niederschreiber haben den
Minister zu Fall gebracht. Auch nicht die Opposition. Sondern die
Wissenschafts-Elite dieses Landes. Das Bildungs-Bürgertum. Die
Internet-Nutzer, die binnen weniger Tage das Ausmaß kopierter Stellen
in seiner Doktorarbeit aufdeckten. Die Doktoranden und Professoren,
die sich wütend zu Wort meldeten, als der offenkundige Diebstahl
geistigen Eigentums zum Kavaliersdelikt erklärt werden sollte. Es war
dies der entscheidende Faktor, und keiner hatte ihn auf der Rechnung.
Auch Angela Merkel nicht. Sie glaubte offenbar wirklich bis zuletzt
fest daran, ihr Verteidigungsminister könne die Plagiatsaffäre
politisch überstehen. Nun ist sie selbst beschädigt. Kein Wunder,
dass die Kanzlerin gestern merklich angegriffen wirkte, als sie vor
die Kameras trat. Möglicherweise hat sie dabei schon an die
bevorstehenden Landtagswahlen gedacht.

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