Lausitzer Rundschau: Hart ins Gericht Der Neonazi-Untersuchungsausschuss steht unter keinem guten Stern

Auch wenn der Bundestag mit großer,
fraktionsübergreifender Mehrheit den Untersuchungsausschuss zur
Mordserie der rechten Terroristen eingesetzt hat, so darf doch nicht
vergessen werden, dass es sich dabei um ein politisches Gremium
handelt. Das heißt, es wird auch um die politische Bewertung von
ermittelten Erkenntnissen gehen müssen. Insofern darf man den
Schwüren nicht trauen, dass Parteienstreit möglichst außen vor
bleiben soll. Der Ausschuss wird genügend Anlass bieten, miteinander
hart ins Gericht zu gehen. Und das ist auch gut so. Denn die Fragen,
um die es geht, lassen sich nicht abkoppeln von politischen
Versäumnissen und Fehlurteilen der vergangenen zehn Jahre. Zumal es
davon viel zu viele gibt. Das fängt bei der Ausgestaltung der
Sicherheitsarchitektur und der Kontrolle der Dienste sowie ihrer
V-Leute-Praxis an und hört bei der Frage auf, wie ernst die Politik
das rechte Problem überhaupt genommen hat, wenn über Jahre hinweg
Fördergelder für Projekte und Organisationen im Kampf gegen Rechts
gestrichen wurden. Geredet werden muss auch über den beschämenden
Umgang mit den Opferfamilien der Ermordeten. Der Ausschuss wird nur
dann glaubwürdig arbeiten können, wenn er die Politik selbst einer
kritischen Überprüfung unterzieht – an deren Ende man dann um
parteipolitische Scharmützel nicht umhin kommt. Das gehört auch zum
tieferen Sinn eines Untersuchungsausschusses. Ob das Gremium
freilich erfolgreich sein wird, in dem es neue Erkenntnisse zutage
fördert, steht auf einem anderen Blatt. Es gibt derzeit viele
Ermittler, Kommissionen und Ausschüsse auf Bundes- sowie Länderebene,
die sich mit der Mordserie der Zwickauer Terrorzelle beschäftigen. Es
droht ein Wirrwarr an Einschätzungen und Kompetenzen. Außerdem gilt:
Immer dann, wenn es um das Versagen von Diensten geht, wird blockiert
und werden Zeugen nur beschränkt aussagen dürfen. Die Zuständigkeiten
für Polizei und für Verfassungsschutz liegen nun mal fast gänzlich
bei den Ländern, die alles andere als begeistert sind, dass der
Bundestag nun auch noch ihre Fehler mit unter die Lupen nehmen will.
Auch wenn man diesbezüglich abwiegelt, der Ausschuss muss dies
unbedingt tun, wenn er am Ende Konsequenzen für eine Neuausrichtung
der Sicherheitsarchitektur in Deutschland ziehen will. Um jede Akte
wird daher gerungen werden müssen. Man muss kein Prophet sein, um zu
wissen, dass das Gremium somit unter keinem besonders guten Stern
steht. Zumal klar ist: Allein mit gesetzgeberischen Vorschlägen und
strukturellen Veränderungen bei den Diensten lässt sich der Gefahr
des braunen Terrors nicht nachhaltig begegnen.

Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de