Mit der überfälligen Reform des
Verfassungsschutzes hat Hans-Peter Friedrich eigentlich schon genug
zu tun. Nach den peinlichen Vorgängen um geschredderte Akten und
zweifelhafte V-Männer im Zusammenhang mit der braunen Terror-Zelle
NSU steht der Inlandsgeheimdienst vor einem grundlegenden Neuanfang.
Das ist zweifellos eine Herkulesaufgabe, personell und
organisatorisch. Vor diesem Hintergrund mutet es schon erstaunlich
an, dass sich der Bundesinnenminister nun auf einer weiteren
sicherheitspolitischen Großbaustelle zu schaffen macht. Nach seinem
Willen soll die komplette Führung der Bundespolizei ausgetauscht
werden. Eine Behörde mit immerhin gut 40000 Mitarbeitern, die in
letzter Zeit schlicht aus dem Blickwinkel geraten ist. Aber genau
darin liegt offenbar das Problem. Die Stimmung in der Bundespolizei
ist schlecht. Sie bekommt immer wieder neue Aufgaben aufgebrummt,
aber Ausstattung und Finanzierung halten damit kaum Schritt. Experten
klagen über veraltete Fahrzeuge und eine überholte Technik. Auch
belegen wissenschaftliche Studien eine überdurchschnittlich hohe
Burnout-Quote bei den Einsatzkräften. Sie sind ja auch immer dort zur
Stelle, wo es im wahrsten Sinne des Wortes heiß hergeht: Bei der
Absicherung von Fußballspielen, bei Ausschreitungen von
Demonstranten, bei der Abschiebung von Flüchtlingen. Undankbare
Aufgaben, um die sich wohl kaum jemand reißen würde. Eine besondere
Wertschätzung dafür erfährt die Bundespolizei nicht. Die Gehälter
sind eher mäßig, genauso wie die Aufstiegsmöglichkeiten. Viele
Bundespolizisten kommen sich als Lückenbüßer vor, denn der
Personalabbau bei der Polizei in den Ländern schreitet munter voran.
Die Liste der Probleme ist also ziemlich lang. Dass sie allein durch
neue Gesichter in der Chefetage der Bundespolizei zu lösen sind, darf
getrost bezweifelt werden. Zumal es auch hier Ungereimtheiten gibt.
Vom noch amtierenden Bundespolizeipräsidenten Matthias Seeger ist
bekannt, dass er sich vehement gegen eine Zusammenlegung von
Bundespolizei und Bundeskriminalamt ausgesprochen hat. Das Vorhaben
war noch in der Amtszeit von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere
spruchreif geworden. Sein Nachfolger Friedrich hatte die Pläne
gestoppt. Wohl, weil er genauso wie Seeger erkannte, dass eine
Verschmelzung beider Behörden wegen deren verschiedenen Aufgaben
wenig Sinn hat. Warum Seeger trotzdem in Ungnade fiel, gibt Rätsel
auf. Vielleicht sinnt Friedrich auf einen Befreiungsschlag. Nur, dass
der einem schlechten politischen Muster folgt: Es muss etwas
geschehen, aber es darf nichts passieren.
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