In aller Regel klagen sozial schwache Familien
über zu wenig Geld. Beim Bildungspaket, das im Frühjahr 2011 nach
großem politischen Tamtam geschnürt wurde, müsste es genau umgekehrt
sein. Durch die vorhandenen staatlichen Mittel könnten deutlich mehr
Kinder aus ärmeren Schichten von den Angeboten profitieren.
Jedenfalls rein rechnerisch. Tun sie aber nicht. Ist das
Bildungspaket damit eine Fehlkonstruktion? Oder wurde der
Kostenrahmen entgegen sonstigen Gepflogenheiten zu großzügig
bemessen? Die Wahrheit dürfte irgendwo dazwischen liegen.
Unbestreitbar ist, dass die Startschwierigkeiten des Bildungspakets
immens waren. Doch inzwischen sollte sich herumgesprochen haben, dass
Kindern mit Hartz-IV-Anspruch eine Förderung beim Mittagessen oder
für die Mitgliedschaft im Sportverein zusteht. Andererseits haben
Vereine solche Möglichkeiten auch schon vorher kostenlos angeboten.
Und nicht jedes bedürftige Kinder braucht den Bus, um in die Schule
zu kommen. Den tatsächlichen Finanzbedarf konnte hier keiner genau
beziffern. Insofern ist es allemal besser, dass mehr Geld zur
Verfügung steht als zu wenig. Zumal der Bund laut Gesetz hier schon
für das laufende Jahr nachsteuern kann. Wirklich bedenklich stimmt,
dass das Bildungspaket die größte Herausforderung offenbar nicht
bestanden hat. Zu den am wenigsten genutzten Komponenten gehört
ausgerechnet die Möglichkeit der Lernförderung. Zwar datiert eine
entsprechende Untersuchung vom März des Vorjahres. Da sich die
strengen Zugangsvoraussetzungen jedoch in keiner Weise geändert
haben, ist davon auszugehen, dass dieser Zustand anhält. Ein
entscheidender Makel: Der Nachhilfeunterricht wird nur bezahlt, wenn
ein Schüler versetzungsgefährdet ist. In diesem Fall muss der Lehrer
eine Prognose über die Erfolgsaussichten stellen. Manchen Lehrern
könnte es gut ins Konzept passen, einen leistungsschwachen Schüler in
die Nachhilfe zu schicken, damit andere die Defizite ausbügeln. Viele
Lehrer werden sich aber womöglich schwer mit der ausdrücklichen
Empfehlung einer Nachhilfe tun. Denn streng genommen handelt es sich
um ein Eingeständnis ihres pädagogischen Versagens. Vor diesem
Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Lernhilfe wirklich im
Bildungspaket gut aufgehoben ist. Anstatt über diesen Umweg ein
Arbeitsbeschaffungsprogramm für private Bildungsträger aufzulegen,
sollte das Geld direkt in eine bessere Ausstattung der Schulen
fließen. Damit mehr Lehrer eingestellt werden und die Einrichtungen
ganztags unterrichtet können. Gegenwärtig wird über einige
Gesetzänderungen diskutiert, um den hohen Verwaltungsaufwand des
Bildungspakets zu senken. Nötig wäre eine grundlegende Neuausrichtung
der Bildungsförderung. Und zwar im Interesse aller Schüler.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de