Lausitzer Rundschau: Partei im Wartestand Die SPD und ihr Spitzenpersonal

Noch bis vor Kurzem wäre jede Diskussion über
einen Kanzlerkandidaten der SPD mit Spott und Häme bedacht worden.
Wer vor zwei Jahren in der Wählergunst auf katastrophale 23 Prozent
abstürzte, der sollte jetzt noch keinen Gedanken an den nächsten
Herausforderer von Angela Merkel verschwenden. Doch Politik ist
kurzatmig. Dass sich die SPD schon wieder im Wartestand für eine
Machtbeteiligung sieht, hat weniger mit alter Stärke, aber viel mit
der eklatanten Schwäche der amtierenden Regierung zu tun. Ob
Atomausstieg, Steuerdebatte oder Euro-Krise – bei der Koalition
dominieren Sprunghaftigkeit und mangelnde Orientierung. Kein Wunder,
dass sich die Menschen nach Verlässlichkeit und Führungsstärke
sehnen. In Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück scheinen sich
diese Hoffnungen zu bündeln. Die beiden Genossen rangieren schon
länger ganz oben auf der öffentlichen Sympathieskala. Steinmeier,
ganz staatsmännisch. So ist er vielen noch als Außenminister in
Erinnerung. Und Steinbrück als zupackender Krisenmanager. Das hat der
einstige Finanzminister nach der Lehman-Pleite unter Beweis gestellt.
Nicht von ungefähr erinnerten die beiden Protagonisten am Montag an
das Krisen-Jahr 2008, als Merkel und Steinbrück, damals noch in der
Großen Koalition, den Bürgern die Sparanlagen garantierten. Die
Botschaft war glasklar: Hätte sich die amtierende Regierung zu einem
ähnlichen Signal der Entschlossenheit durchgerungen, in Euro-Land
ginge es jetzt weniger drunter und drüber. Ob dem wirklich so wäre,
steht dahin. Aber zumindest hat es schon funktioniert. Ein paar gute
Spitzenleute allein sind freilich noch keine politische
Erfolgsgarantie. Schon gar nicht bei der SPD, die es in der
Vergangenheit mehrfach fertig brachte, ihren Kanzlerkandidaten selbst
zu demontieren. Ohnehin steht die Beliebtheit führender
Sozialdemokraten in deutlichem Kontrast zu den eher mäßigen
Umfragewerten für die Gesamtpartei. Das liegt an ihren zahlreichen
programmatischen Leerstellen. Nur so kann es geschehen, dass
Steinmeier und Steinbrück die Agenda 2010 weiter hochhalten, obwohl
große Teile der SPD mit ihr noch nie etwas am Hut hatten. So wüsste
man schon gern, wie es die Genossen künftig mit der sozialen
Gerechtigkeit halten wollen, wer bei einer Steuerreform konkret zur
Kasse gebeten werden soll oder woher die Partei das Geld für ihre
angekündigten Leistungsverbesserungen in der Pflegeversicherung
nehmen will. Solange die Antworten darauf im Dunkeln bleiben, ist die
SPD gut beraten, sich nicht auf einen Kanzlerkandidaten festzulegen.
Die neue „Troika“ ist ein geschickter Schachzug. Ziehen Steinmeier,
Steinbrück und Parteichef Sigmar Gabriel weiter an einem Strang, muss
sich Merkel für die nächste Bundestagswahl warm anziehen.

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