Es waren wieder einmal die Bürger, die die Politik
zum Nachdenken und Handeln gebracht haben. Immerhin 73 Prozent von 18
000 Befragten in 90 deutschen Städten hatten sich in einer Studie für
die Rückkehr zu alten Nummernschildern an ihren Autos ausgesprochen.
Die Ergebnisse waren selbst für die Initiatoren um Prof. Ralf Bochert
vom Studiengang Tourismusmanagement an der Hochschule Heilbronn
überraschend. Denn nicht nur in den neuen Ländern, wo der
Kennzeichenverlust erst kurze Zeit zurückliegt, ist der Wunsch zur
„Reform der Reform“ ausgeprägt. Vielmehr überraschen auch die alten
Bundesländer, in denen zwei Drittel der Befragten ebenfalls zu ihrem
Altkennzeichen zurück wollen. Dabei gab es hier die Gebietsreformen
zum Großteil bereits in den 70er-Jahren. Vor allem aber wird die
Studie bemerkenswert, wo auf Nachfragen darauf verwiesen wird, wie
eng Identität und Heimatgefühl mit den ersten Buchstaben des
Autokennzeichens verbunden sind. Da räumen die Eisenhüttenstädter
ein, sich mit LOS des Landkreises Oder-Spree nie identifiziert zu
haben. Da wurde das V für Vogtland nie von den Plauenern akzeptiert.
Und ganz wild geht es nach unzähligen Eingemeindungen und zwei
Kreisgebietsreformen im sächsischen Boxberg zu. Sechs Varianten von
Autokennzeichen – WSW, HY, NY, KM, NOL und letztlich GR für den neuen
Großkreis Görlitz – fahren hier über die Straßen. Wenn ein
Nummernschild tatsächlich etwas mit Identität zu einer Region oder
Stadt zu hat, dann geht hier alles durcheinander. Und es ist jetzt
der Wunsch in der größten Flächengemeinde des Freistaates zu
verstehen, das längst als zweites Buchstabenpaar eingravierte BX für
Boxberg künftig an die erste Stelle zu bekommen. Zu fragen bleibt,
warum die Politik Jahrzehnte gebraucht hat, um den einfachen
Zusammenhang von einem kleinen Stück Heimatverbundenheit und dem
Autokennzeichen zu erkennen. Es gab nie einen rationalen Grund, das
WSW in NOL und GR, das HY in BZ, das LN in LDS oder das SEN in OSL zu
anonymisieren. Höchstens einen ordnungspolitischen. Aber der kann ja
nicht so bedeutsam gewesen sein, wenn sich die Verkehrsminister schon
beim ersten Anlauf einig wurden, die alten Kennzeichen wieder
zuzulassen.
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