Lausitzer Rundschau: Schluss mit lustig Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtsüber das Wahlrecht

Mit einer Mischung aus Laxheit und
Überheblichkeit, die daraus resultiert, dass man die Macht offenbar
für ein Gewohnheitsrecht hält, waren CDU und FDP mit dem Urteil des
Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2008 umgegangen. Es hatte das
damalige Wahlrecht wegen verzerrender Effekte der Überhangmandate für
grundgesetzwidrig erklärt. Die vom Gericht damals gewährte
dreijährige Frist für eine Reform ließ man ungerührt verstreichen,
wählte 2009 noch einmal einen Bundestag unter den beanstandeten
Vorschriften und legte erst Ende 2011 eine Novelle vor, die die
Bedenken der Juristen großzügig ignorierte. Mit dieser
Überheblichkeit behandelte man auch die anderen Parteien, die
demokratischen Mitbewerber. Statt wie noch immer in der
Nachkriegsgeschichte einen Konsens in dieser zentralen Frage der
Demokratie zu suchen, setzte man sich mit der eigenen Mehrheit auf
Biegen und Brechen durch und hielt kaum verändert an den
Überhangmandaten fest – natürlich, weil zuletzt nur noch CDU und CSU
davon profitierten. Derzeit mit 24zusätzlichen Sitzen im
Bundestag, zehn Prozent der Unionsfraktion. Das war 2009 zwar nicht
entscheidend für die Mehrheit der schwarz-gelben Koalition, doch ohne
diese Sitze wäre es sehr knapp geworden. Das Verfassungsgericht hat
nun geantwortet. Schnörkellos: Die Gleichheit der Stimme ist
verletzt. Das Urteil vom Mittwoch ist eine regelrechte Klatsche,
wobei die Vorgaben des Gerichts für eine neue Reform sogar eher milde
sind. Die Richter begrenzen die Zahl der Überhangmandate auf maximal
15. Das Kriterium der Proportionalität der Sitze entsprechend der
Stimmanteile soll zugunsten der kleinen Parteien künftig stärker als
bisher beachtet werden – aber ohne dass die die großen Parteien
begünstigende Kombination mit der Direktwahl komplett infrage
gestellt wird. Extreme Verzerrungen wie das negative Stimmengewicht
darf es allerdings nicht mehr geben. Knallhart ist Karlsruhe jedoch
bei den neuen Fristen: Es gibt keine mehr. Ein noch einmal mit dem
jetzigen Wahlrecht gewählter Bundestag würde sofort aufgelöst werden,
so die Drohung. Schluss mit lustig. Setzen, Sechs. Union und FDP
werden nun nicht umhinkommen, doch noch einen allseits getragenen
Kompromiss im Bundestag zu suchen. Nur sind ihre Karten jetzt
deutlich schlechter, als sie es zuvor je waren. Im nächsten Bundestag
muss Schwarz-Gelb eine Mehrheit wohl oder übel durch die Überzeugung
der Wähler erreichen. Die Zeit der kleinen Tricks ist jedenfalls
vorbei. Und die der Überheblichkeit auch.

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