Ja, er hat es gehört, das unvermeidliche Lied der
Toten Hosen. In der Mannschaftskabine trällerten einige Teamkollegen
von Energie-Angreifer Nils Petersen: „Wir würden nie zum FC Bayern
München gehen.“ Sie hatten mitbekommen, dass die Bayern ihren
Top-Torjäger intensiv beobachten und womöglich eine Verpflichtung
erwägen. Also sangen sie im freundschaftlichen Flachs jenes Lied
darüber, dass man sich beim Rekordmeister doch „nicht den Charakter
versauen“ lassen solle. Dabei versteht es sich von selbst, dass die
Gesangseinlage keineswegs als ernsthafter Hinweis für Petersen
gemeint war. Nie zu Bayern München? Wohl kaum ein Fußballprofi würde
im Fall des Falles ablehnen. Schließlich ist der Rekordmeister so
etwas wie das große Karriereziel nahezu jedes aufstrebenden Kickers.
Selbst der bei Schalke fest verwurzelte Manuel Neuer wirft seine
Vereinstreue über Bord – offensichtlich für den FC Bayern. Auch Nils
Petersen gibt zu, als junger Stürmer bei Einheit Wernigerode ab und
an vom Bayern-Trikot geträumt zu haben. Doch dass er es kommende
Saison tatsächlich tragen wird, dass konnte sich Petersen selbst am
gestrigen Dienstag noch nicht richtig vorstellen. Dem cleveren
Cottbuser ist bewusst, dass das Interesse des FC Bayern für ihn auch
eine verlockende Falle sein kann. Schließlich mag man als junger
Profi eine Offerte dieses Clubs eigentlich kaum ablehnen. Wer weiß,
ob so eine Chance jemals wieder kommt. Gleichzeitig zeigen aber die
Fälle von hochtalentierten Spielern wie Jan Schlaudraff, Alexander
Baumjohann, Tobias Rau – oder selbst die der Nationalspieler Torsten
Frings, Tim Borowski oder Lukas Podolski, dass die Zeit bei Bayern
auch einen Karriereknick verursachen kann. Wer sich im Starensemble
nicht durchsetzt, verbringt frustrierende Jahre auf Ersatzbank oder
Tribüne. Selbst der hochgehandelte Oliver-Kahn-Nachfolger Michael
Rensing wurde an der Säbener Straße letztlich gedemütigt und war nach
seinem Aus sogar arbeitslos. Petersen kennt diese Schicksale und will
deshalb genau wissen, was Trainer Jupp Heynckes mit ihm vorhat. Dem
Torjäger ist zuzutrauen, dass er den Bayern absagt, wenn die ihn nur
als Auffüllmasse für ihren Kader betrachten. Denn Petersen macht den
Anschein, mehr zu sein als ein leichtfertiger Durchschnittsprofi. Er
hat seine Prinzipien, kann Scheinwerferlicht und Schicki-Micki-Leben
offensichtlich widerstehen. Nicht umsonst erwägt er sogar ernsthaft,
trotz der vielen Offerten noch ein Jahr bei Energie Cottbus zu
bleiben, um sich dort fußballerisch weiterzuentwickeln. Wenn man so
will, ist er mit dieser Einstellung allerdings auch einer, der sich
sogar von einem Wechsel zu Bayern München nicht den Charakter
„versauen“ lassen würde.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de