LVZ: Amnesty International fordert für EU neues Zuständigkeitssystem für den Umgang mit Flüchtlingen / Verschärfte Grenzkontrollen bringen keinen Erfolg

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty
International hat für die Europäische Union ein neues gerechteres
Zuständigkeitssystem für den Umgang mit Flüchtlingen gefordert.
Wolfgang Grenz, Asylexperte und Vize-Generalsekretär der deutschen
Sektion von Amnesty International, sagte in einem Interview mit der
„Leipziger Volkszeitung“ (Dienstag-Ausgabe): „Die Ereignisse der
letzten Wochen machen deutlich, dass das Zuständigkeitssystem nicht
funktioniert. Deshalb ist es richtig, ein neues, gerechteres
Zuständigkeitssystem zu schaffen. Bei einer zukünftigen Verteilung
müssten Anknüpfungspunkte von Asylsuchenden zu einem EU-Land, aber
auch das Bruttosozialprodukt und die Bevölkerungszahl der
Aufnahmeländer berücksichtigt werden.“

Zugleich forderte der Menschenrechtsexperte Bundesinnenminister
Hans-Peter Friedrich (CSU) auf, er solle „gegenüber seinen
EU-Kollegen dafür eintreten, dass die EU den Ländern Nordafrikas auf
dem Wege zu einer Demokratie hilft und sie auch wirtschaftlich
wirksam unterstützt“. Damit könne der Migrationsdruck gemindert
werden. „Zum andern soll er sich dafür einsetzen, dass die EU Ägypten
und Tunesien bei der Aufnahme der über 400 000 Menschen aus
Libyen hilft.“ Deutschland sollte auch dem Appell des Hohen
Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) folgen und
einige dieser Flüchtlinge aufnehmen. „Die Aufnahme von bereits vom
UNHCR anerkannten Flüchtlingen, die im Aufnahmeland aber keine
Perspektive haben und besonders schutzbedürftig sind, hat im Fall der
Aufnahme von irakischen Flüchtlingen bereits gut funktioniert.“

Es sei wichtig, dafür zu sorgen, dass die „große Welle“ der
Flüchtlinge aus Nordafrika möglichst nicht komme. „Verschärfte
Grenzkontrollen und das Abfangen von Asylsuchenden und Migranten im
Mittelmeer werden auf Dauer keinen Erfolg haben“, mahnte Amnesty
International. „Sie verstoßen auch gegen die Grundsätze des
Menschenrechts- und Flüchtlingsschutzes. Die EU muss den Staaten
Nordafrikas auf ihrem Wege der Demokratisierung auch wirtschaftlich
intensiv helfen. Die Menschen dort müssen wieder eine
Lebensperspektive in ihrem Land sehen.“ Dies könne neben der
Demokratisierung und der Achtung der Menschenrechte entscheidend
helfen, den Wanderungsdruck zu mindern.

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