Der frühere Bundesrichter und heutige
stellvertretende Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages,
der Links-Parlamentarier Wolfgang Neskovic, hat das
Bundesverfassungsgericht aufgerufen, angesichts des
Hartz-IV-Stillstandes sofort und eigenständig einzugreifen. In einem
Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Sonnabend-Ausgabe) sagte
Neskovic: „Wenn der Gesetzgeber sich verfassungswidrig weigert, ein
Gesetz zu erlassen, kann nur das Bundesverfassungsgericht helfen.
Allein das Bundesverfassungsgericht kann neben dem Gesetzgeber
Entscheidungen mit Gesetzeskraft treffen. Es könnte im Wege einer
einstweiligen Anordnung eine vorläufige Anordnung erlassen.“
Bei dieser konkreten Sachlage halte er es „für
verfassungsrechtlich zulässig, ohne vorherige Inanspruchnahme der
Fachgerichte direkt das Verfassungsgericht anzurufen“, betonte der
Jurist Neskovic. Am einfachsten wäre es jedoch, wenn das
Bundesverfassungsgericht aus eigener Initiative tätig würde. „Derzeit
erleben wir eine historisch einmalige Beschädigung von Kernelementen
unserer Verfassung. Auch deswegen darf das Bundesverfassungsgericht
als Hüter der Verfassung diesen Verfassungsbruch des Gesetzgebers
nicht länger tatenlos hinnehmen und sollte selbstständig tätig
werden“, mahnte Neskovic.
Widersprüche bei den Jobcentern und Klagen vor den Sozialgerichten
könnten nicht unmittelbar zu höheren Regelsätzen führen. Verwaltung
und Sozialgerichte könnten auf Grund des vorgegebenen
Gesetzesvorbehalts „nur dann Sozialleistungen gewähren, wenn ein
Gesetz dies vorschreibt oder zulässt.“ Ein solches Gesetz fehle aber,
weil das bisherige Gesetz nicht mehr anwendbar, ein neues noch nicht
da sei.
„Durch die verfassungswidrige Tatenlosigkeit der Regierung ist ein
für sieben Millionen unerträglicher Zustand der Rechtsunsicherheit
eingetreten“, beklagte Neskovic. Deshalb müsse Karlsruhe direkt
eingreifen.
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