LVZ: JU-Chef Mißfelder beklagt Fehler im System: „Es gibt in Deutschland eine für alle wahrnehmbare Gerechtigkeitslücke“ / Respekt für Attac-Proteste

Auch in der CDU wird jetzt offen über eine
Gerechtigkeitslücke in Deutschland geklagt. Der Chef der Jungen Union
und CDU-Präsidiumsmitglied Philipp Mißfelder sagte in einem Interview
mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Donnerstag-Ausgabe): „Es gibt in
Deutschland eine für alle wahrnehmbare Gerechtigkeitslücke. Viele
Menschen arbeiten von früh bis spät, haben aber seit Jahren kaum
Lohnzuwächse. Gleichzeitig werden Manager-Boni bezahlt, die in keinem
Verhältnis zur tatsächlichen Leistung stehen.“ Dies dürfe man nicht
einfach beiseite wischen.

Vor Beginn des Deutschlandtages der Jungen Union in Braunschweig,
dem höchsten Beschlussgremium der JU, meinte Mißfelder, bei dem
notwendigen Gerechtigkeitsausgleich gehe es in den Parteien etwas
durcheinander. „Ordnungspolitik und Gerechtigkeitspolitik passen eben
nicht immer zusammen. Da müssen sich Parteiführung,
Bundestagsfraktion und Vereinigungen um Ausgleich bemühen.“ Die
Menschen müssten wissen, dass sie mit ihren Sorgen und Nöten bei der
Union gut aufgehoben seien. „Das können wir angesichts unserer
momentanen Umfrage- und Wahlergebnisse aber nicht behaupten“,
ergänzte Mißfelder. Gast auf dem Deutschlandtag wird unter anderem
auch die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel sein.

Die CDU sei gefordert, sich stärker den Protest- und Nichtwählern
zuzuwenden. In Berlin hätten sich die Piraten von einer virtuellen
Partei zum Faktor entwickelt. „Die CDU muss darauf eine Antwort
finden. Internet-Kompetenz ist nicht allein dadurch gegeben, dass
getwittert wird“, meinte Mißfelder. „Es geht darum, ein Stück
Lebensgefühl einzufangen.“

Viele Menschen hätten bis heute nichts davon mitbekommen, dass die
Politik schon einiges zur Finanzmarktregulierung unternommen habe.
„Aber auch die Wirkung dessen, was gemacht wurde, ist bislang
begrenzt.“ Mißfelder, der auch außenpolitischer Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, verlangte mit Blick auf den
bevorstehenden Krisen-Gipfel der EU: „Deutschlands Solidarität muss
einhergehen mit einer klaren Regulierung des Finanzmarktes. Wenn wir
auch den Banken helfen sollen, müssen die Spielregeln verschärft
werden.“ Wenn sich die EU-Staats- und Regierungschefs jetzt zum
Krisengipfel träfen, „muss Deutschland klare Bedingungen für seine
weitere Solidarität formulieren“, so Mißfelder.

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