Mindener Tageblatt: Thema: Ein Jahr Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen / Nicht mit Ruhm bekleckert

Nein, mit Ruhm hat sich diese Koalition nicht
bekleckert. Zwar war es nicht ungeschickt, die mangelnde
parlamentarische Mehrheit als „Koalition der Einladung“ in einen
PR-Gag zu verwandeln. Doch zeigte sich recht schnell, dass die
Tragfähigkeit eines im Wesentlichen auf hemmungsloser
Schuldenmacherei beruhenden Politik-Konzepts letzten Endes sogar dann
begrenzt ist, wenn die Opposition ihre Pflicht nur relativ lustlos
tut, weil sie selbst ebenfalls überhaupt keine Lust auf Neuwahlen
hat. Zweimal hat das höchste Landesgericht die Regierung eingebremst,
mehrfach stellte sie sich selbst ein Bein. Das aber fiel schon kaum
noch auf, weil sie abseits von zwei, drei Spitzenpositionen wenig
Strahlkraft zu verbreiten in der Lage war und ist. Für ein gerade
erst ein Jahr im Amt befindliches Top-Management jedenfalls kommt
überraschend wenig Aufbruchstimmung über die Rampe, dafür aber ein
gehöriger Eindruck von ziemlich enger Personaldecke. Auch politisch
hat diese Koalition bis jetzt keine Leuchtturmprojekte zu
verzeichnen, sieht man einmal von der rekordverdächtigen Verschuldung
ab, die man allen Ernstes als „vorbeugende Sozialpolitik“ und damit
in der Zukunft refinanziert schönrechnen wollte. Für solcherlei
Hasardeurstum braucht es denn doch mehr parlamentarisches Kreuz als
minus eine Stimme über den Durst. Eine große Koalition durfte im
vergangenen Jahr aus übergeordneten Gründen nicht sein, auch wäre das
politische Personal auf beiden Seiten wohl inkompatibel gewesen. Die
Wunschallianz Rot-Grün allerdings wurstelt eher als dass sie
gestaltet. Sie kann dies weitgehend ungestraft tun, weil die
Vorgängerregierung auch nicht viel besser war und als Opposition ein
noch schwächeres Bild abgibt, wenn sie nicht gerade mit sich selbst
beschäftigt ist. Eine solche Landespolitik hat Nordrhein-Westfalen
nicht verdient.

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