Von Reinhard Zweigler
Wenigstens eine weitere Schlagzeile hat die rechtsextreme NPD
gestern bekommen: Sie scheiterte mit ihrem Klaumauk-Antrag vor dem
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Rechtsausleger hatten
allen Ernstes versucht, sich als Opfer des Rechtsstaates und der
demokratischen Parteien darzustellen, die ihnen die
Verfassungsmäßigkeit absprechen wollen. Doch die Karlsruher Richter
sind nicht auf den juristischen Trick hereingefallen. Eine Art
Vorab-Persilschein haben sie der NPD nicht ausgestellt. Die von den
NPD-Strategen gedachte Opfer-Rolle vorwärts wurde glatt
abgeschmettert. Das ist gut so. Dass die in Karlsruhe abgeblitzte NPD
nun vor den Europäischen Menschengerichtshof ziehen will, ist ihr
gutes Recht. Interessanterweise werden solche weitgehenden Rechtswege
in der kruden NPD-Ideologie ansonsten abgrundtief verabscheut. Wenn
es um das eigene Überleben geht, nutzt die NPD jedoch wie
selbstverständlich die Möglichkeiten des Rechtsstaates und der
europäischen Rechtsordnung, die sie sonst heftig bekämpft. Das ist
fast schon schizophren. In Sachen NPD-Verbotsverfahren selbst dürfte
der Klaumauk-Antrag keine Bedeutung haben. Weder so noch so. Das
Bundesverfassungsgericht ist souverän genug, dass es sich von einem
solchen Pseudo-Anerkennungsantrag nicht beirren lässt. Ein leichter
Gang über die Hürden des Verfassungsgerichts wird es allerdings
nicht. Bislang haben nur die Bundesländer – und zwar einmütig – den
Verbotsantrag beschlossen. Der Bundestag und die Bundesregierung
lavieren noch hin und her: Dem Verbotsantrag der Länder beitreten
oder nicht, einen eigenen Antrag auf den Weg bringen oder die Hände
in den Schoß legen? Die Dreieinigkeit dieser Verfassungsorgane wird
in einer wichtigen Frage von einer einigermaßen schrillen Disharmonie
bestimmt. Es ist für den Ausgang des Verbotsverfahrens zwar relativ
unbedeutet, ob einer, zwei oder drei Antragsteller antreten. Doch für
die politische Außenwirkung ist es nicht gut, wenn sich zwei hinter
den Büschen verstecken und darauf warten, dass der eine, die Länder,
die Kastanien aus dem Feuer holt. Wenn es etwa das Kalkül der
Bundesregierung sein sollte, dem Verbotsverfahren nicht beizutreten,
um im Falle eines Scheiterns nicht haftbar gemacht zu werden, dann
wäre dies eine üble Taktiererei. Ein mieses Schauspiel, das einer
wehrhaften Demokratie unwürdig wäre. Noch für diesen Monat hat das
Merkel-Kabinett eine Entscheidung zum NPD-Verbotsantrag angekündigt.
Die Bundesregierung hat in dieser Sache allerdings schon genug
Porzellan zerschlagen, und zwar nicht wegen der Ermittlungspannen bei
der NSU-Mördergruppe. Die Regierung kann gar nicht anders, als sich
dem Gang der Länder nach Karlsruhe anzuschließen. Eigentlich. Ein
Motor des NPD-Verbotsverfahrens müsste naturgemäß Bundesinnenminister
Hans-Peter Friedrich sein. So wie das vor zehn Jahren Otto Schily im
Tandem mit Bayerns Günther Beckstein war. Zwar versichert der
oberfränkische CSU-Mann jetzt immer wieder hoch und heilig, dass er
den Erfolg gegen die NPD in Karlsruhe will, aber warum laviert er
dann so lange, sagte einmal Hü und einmal Hot? Sollte sich die
Bundesregierung wirklich nicht am Verbotsantrag beteiligen, entstünde
die groteske Situation, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz,
also Friedrichs Behörde, zwar fast das gesamte Material gegen die
Neonazi-Partei beschafft hat, sich aber vor der letzten Konsequenz
scheut. So viel Hasenfüßigkeit gegenüber Verfassungsfeinden sollte
nun aber wirklich nicht sein.
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