Unternehmen sollen selbst entscheiden,
wen sie einstellen.“ Und: „Starke Frauen schaffen es auch so nach
oben.“ Mit Sätzen wie diesen argumentieren Kritiker gerne gegen die
gesetzliche Frauenquote – wenn auch nicht besonders überzeugend.
Denn: Warum sind die Chefetagen der umsatzstärksten deutschen Firmen
nahezu frauenfreie Zonen? Gerade weil Unternehmen bis dato selbst
entscheiden, ob sie eine Frau auf eine Führungsposition setzen oder
nicht. Deshalb hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen
völlig Recht: Die deutsche Wirtschaft braucht eine gesetzliche
Frauenquote. Dass freiwillige Selbstverpflichtungen keine Wirkung
zeigen, beweist die Empirie: Vor zehn Jahren schon hat die rot-grüne
Regierung mit der deutschen Wirtschaft eine Vereinbarung getroffen,
Frauen in der Arbeitswelt besser zu fördern. Jedes Unternehmen konnte
den Anteil der Frauen in Führungspositionen erhöhen – oder auch
nicht. Das Ergebnis: Seither hat sich kaum etwas getan. Heute haben
nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
lediglich 3,2 Prozent der Top-200-Unternehmen einen weiblichen
Vorstand. Gerade einmal vier von 186 Vorständen in den 30
DAX-Unternehmen sind weiblich. Das können nicht alle starken Frauen
gewesen sein. Schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass die Frauenwelt
ihre männlichen Kollegen in Sachen Bildung längst ein- und zum Teil
bereits überholt hat: Mehr Frauen als Männer legen Abitur ab und
absolvieren einen Hochschulabschluss. Außerdem profitieren
Unternehmen, die Spitzenpositionen auch mit Frauen besetzen. So
belegt eine Studie der UNO („World Survey on the Role of Women in
Development, 2009″), dass US-Unternehmen mit hoher Frauenquote eine
um 53 Prozent höhere Eigenkapital- und eine 42 Prozent höhere
Umsatzrendite haben als rein männlich geführte Unternehmen der
Konkurrenz. Mehr Frauen in Führungspositionen bedeutet mehr
Wirtschaftswachstum. Der Grund: Sie sind besonders
kommunikationsstark und teamorientiert und treffen weniger riskante
Entscheidungen. Einige – wenige – Unternehmen haben das bereits
realisiert und eine Frauenquote eingeführt. Auf eine flächendeckende
Einsicht sollte sich Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, die
eine „Pflicht zur Selbstverpflichtung“ und somit eine Frauenquote auf
freiwilliger Basis fordert, aber nicht verlassen. Die gesetzliche
Frauenquote wird zudem wie ein Katalysator für einen längst
überfälligen Sinneswandel der Wirtschaft wirken. Denn: Müssen die
Konzerne ihre Chefetagen mit Frauen besetzen, werden sie auch dazu
gezwungen sein, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in ihren
Betrieben zu verbessern – etwa durch flexiblere Arbeitszeitmodelle,
Betriebskindergärten oder Mutter-Kind-Büros etc. Ein Kind ist dann
kein Karrierehindernis mehr und Frauen können ihre berufliche
Laufbahn auf einer völlig neuen Grundlage planen. Die Männerwelt muss
keine Angst vor der Frauenquote haben. Im Gegenteil: Der Vorschlag
der Arbeitsministerin, die nun die Unterstützung der Kanzlerin
braucht, ist nicht Ausfluss übersteigerten Feminismus, sondern in
letzter Konsequenz Instrument moderner Familienpolitik. Von der Quote
können auch Männer profitieren, sobald die Last des Ernährers stärker
verteilt wird und Männer tatsächlich die gesamtgesellschaftliche
Legitimation haben, sich um beides zu kümmern – um Beruf und Familie.
Und das, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.
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